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Wirtschaft: Der richtige Händedruck

Wer fit in internationaler Kommunikation ist, kann besser verhandeln – und oft auch das Klima in der eigenen Firma verbessern

Deutsche Geschäftspartner sind in der Regel leicht zu erkennen. Und zwar nicht nur an ihrem Akzent oder dem Nachnamen, sondern an einer hervorstechenden Eigenschaft: Sie kommen gerne schnell zur Sache und legen bereits zu Beginn einer Verhandlungsrunde alle Karten auf den Tisch. Ausländische Partner finden dieses Vorgehen oft irritierend. „Russen haben für dieses Verhalten zwei Erklärungen“, sagt die interkulturelle Trainerin Daria Boll-Palievskaya. Sie halten ihre deutschen Kollegen entweder für richtig doof oder extrem clever. „Deshalb versuchen sie, Zeit zu gewinnen.“ Und die Kollegen aus Berlin oder Bonn erst einmal richtig kennen zu lernen. Zügige Vertragsabschlüsse rücken damit in weite Ferne.

Wie wichtig es ist, auch auf dem internationalen Parkett erfolgreich zu kommunizieren, erkennen immer mehr Unternehmen. Und organisieren deshalb für ihre Mitarbeiter Seminare bei Profis, die entweder Inhouse-Seminare anbieten oder Kurse außerhalb der Firma.

Mit interkultureller Psychologie beschäftigt sich auch Alexander Thomas seit Jahrzehnten. Der emeritierte Professor für Sozialpsychologie an der Universität Regensburg bringt auf den Punkt, was vielen Deutschen im Ausland Probleme bereitet: „Deutsche werden wegen ihrer Effizienz bewundert, aber abgelehnt, weil sie sich nicht um die anderen Menschen kümmern.“ Und sie hätten Schwierigkeiten mit allem, was in der Kommunikation „zwischen ja und nein“ liege. „Ich habe gelernt, dass es zwischen ja und nein, schwarz und weiß, richtig und falsch unheimlich viele Schattierungen gibt, in denen andere Menschen leben.“

Obwohl sich im Laufe der Zeit einige Orte – wie Flughäfen oder auch Hotels – globalisiert haben, unterscheiden sich viele Länder noch immer grundlegend: Zum Beispiel in den Ansichten über Geschlechterrollen, im Zeitempfinden, der Ess- und Familienkultur, den Ängsten und der Einstellung zum Glück. Wer sich dessen bewusst ist, kann international souveräner agieren.

Daria Boll-Palievskaya veranstaltet Seminare für Deutsche, die ihr Job nach Russland führt. Aber auch für Russen, die in Deutschen unternehmen arbeiten. „Ich befragte die Teilnehmer vorher, was sie von meinem Seminar erwarten.“ Anschließend konzipiere sie den Kurs. Die genaue Abstimmung mit den Seminarteilnehmern gehört auch nach Ansicht der Stiftung Warentest zu den wichtigsten Kennzeichen einer seriösen Weiterbildung im interkulturellen Bereich. „Die Teilnehmer sollten vor dem Kurs nach ihren Erwartungen und Zielen befragt werden, damit diese im Verlaufe des Kurses berücksichtigt werden können“, sagt die Weiterbildungs-Redakteurin Nina Gerstenberg. Ein interkulturelles Training sollte den Teilnehmern klar machen, dass auch ihre eigenen Sichtweisen nicht selbstverständlich sind.

Das möchte auch Thorsten Harms vermitteln, der als Kommunikationsberater mit Firmen zusammenarbeitet, in denen viele Mitarbeiter aus ganz unterschiedlichen Kulturen zusammen kommen.

„Ich bin auf die Kommunikation spezialisiert, mir geht es nicht darum, zu sagen, Amerikaner sind so und Asiaten so“, erklärt der Berater. Vielmehr wolle er aufzeigen, was passiere, wenn mehrere Kulturen aufeinander treffen.

Harms beobachtet, dass immer mehr Unternehmen großen Wert darauf legen, dass ihre internationalen Mitarbeiter gut miteinander kooperieren. Denn die Verschiedenheit der Mitarbeiter kann auf der einen Seite zwar inspirierend sein – auf der anderen Seite aber auch zu Spannungen führen, die eigentlich keiner der beiden Kollegen beabsichtigt. So kann einem deutschen Mitarbeiter während seiner Powerpoint-Präsentation schon mal der Kragen platzen: Weil er daran gewöhnt ist, sehr faktenorientiert und relativ lange zu referieren. Während Kollegen aus südlicheren Ländern es bevorzugen, ihre Ideen zu dem Vortrag direkt in die Präsentation mit einzubringen und auf dieser Basis neue Ideen zu entwickeln. Ein Geduldsprobe für die Deutschen. Harms will in seinen Kursen Verständnis für einander entwickeln. Und so auch das Betriebsklima verbessern, oder Konflikten vorzubeugen.

Die Stiftung Warentest rät im Bereich der interkulturellen Weiterbildung zu Kursen mit einer guten methodischen Gestaltung: „Den Blick für konkrete Situationen mit Menschen aus anderen Kulturen schärfen zum Beispiel Rollenspiele“, sagt Nina Gerstenberg. Diese Methode steht auch bei Daria Boll-Palievskaya auf dem Programm – dabei kann man im Verhandlungspoker schon mal in die Rolle des russischen Partners schlüpfen. Als ein weiteres Beispiel benennt die Stiftung Warentest die Einübung chinesischer Tischsitten bei einem gemeinsamen Mittagessen.

Der Berliner Messgeräte-Hersteller Knauer holt sich einmal im Jahr ein Training ins Haus. „Wir haben eine Exportquote von 60 Prozent, unsere Mitarbeiter reisen viel, und wir bekommen auch häufig Besuch von unseren Kunden“, sagt die Firmenchefin Alexandra Knauer. Neben Englischunterricht würde ihren Mitarbeitern vermittelt, welche Fettnäpfchen auf dem internationalen Parkett lauern und wie sie die Firma angemessen repräsentieren. Die Kurse finden bei Knauer über mehrere Wochen verteilt statt. Zu den Teilnehmern gehören Mitarbeiter, die viel im Ausland unterwegs sind. Aber auch solche, die eher in Berlin bleiben – sich aber trotzdem fit machen wollen für internationale Begegnungen.

Kurse zur interkulturellen Kommunikation dauern mindestens zwei Tage. Zu finden sind sie in der Weiterbildungsdatenbank Berlin-Brandenburg. Neben offenen Veranstaltungen werden auch Kurse angeboten, die sich gezielt an Führungskräfte oder eine bestimmte Branche richten. Die Höhe der Gebühren schwankt. Nach Angaben der Stiftung Warentest schneiden auch günstige Angebote von knapp 400 Euro gut ab – vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen stimmen.

Weitere Seminarangebote in der Weiterbildungsdatenbank: www.wdb-berlin.de

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