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Wirtschaft: Der Sammler als Spekulant: "Kunst wirft eine emotionale Dividende ab". Ein UBS-Banker über die dritte Dimension dieses Investments

Karl Schweizer ist Direktor bei der Schweizer Bank UBS und Leiter des Business-Sektors Art Banking und Numismatik. Herr Schweizer, warum sammeln Menschen Kunst: aus Leidenschaft oder weil sie sich eine gute Rendite erhoffen?

Karl Schweizer ist Direktor bei der Schweizer Bank UBS und Leiter des Business-Sektors Art Banking und Numismatik.

Herr Schweizer, warum sammeln Menschen Kunst: aus Leidenschaft oder weil sie sich eine gute Rendite erhoffen?

Im Vordergrund stehen die Leidenschaft und die Freude an einem Besitztum, das Emotionen weckt. Ich glaube, der typische Kunstsammler sammelt nicht primär in Erwartung eines Wertzuwachses. Der Wert von Kunst lässt sich ohnehin nicht voraussagen wie bei anderen Anlageformen.

Wer Kunst sammelt, ist also ein schlechter Investor?

Wenn man Kunstinvestments mit anderen Anlagen wie Aktien oder Immobilien vergleicht - und das ist schwer genug -, dann stellt man in der Tat fest: Kunst wirft eine relativ kleine, durchschnittliche Rendite ab bei einem zugleich relativ hohen Risiko.

Und warum wird dann Kunst gesammelt?

Weil es für den privaten Sammler neben der Rendite und dem Risiko eine dritte Dimension im Investmentmodell gibt. Das ist die subjektiv emotionale Dimension: gesellschaftlicher Status, soziale Akzeptanz, Risikofreude, Kunstgenuss, Spaß ... Wenn man dies quantifizieren und in das Investmentmodell einbauen würde, dann wäre diese Dimension, die man als emotionale Dividende bezeichnen könnte, sicher bei Kunst - verglichen mit Aktien - weit höher.

Lässt sich Kunstgenuss in eine Formel bringen?

Zugegeben, das ist ein Problem. Aber man kann den subjektiven Einfluss auf die Investitionsentscheidung zumindest gewichten. Wie stark ist die emotionale Bindung an ein Werk? Wie sehr ist der Sammler darauf aus, ein bestimmtes Werk zu besitzen? Welchen Stellenwert hat Kunst in seinem Alltag?

Wie kann ein Sammler feststellen, ob er die richtige Kunst kauft?

Zunächst einmal muss der Sammler sicher sein, dass das Kunstwerk echt ist und dass es nicht gestohlen wurde. Die UBS hat für ihre Kunden einen meines Wissens einmaligen Sorgfaltsprozess entwickelt, mit dem die Echtheit, die Qualität der Kunst sowie deren Hintergrund und Herkunft zweifelsfrei eruiert werden können. Wir haben dabei den Sorgfaltsstandard, den wir bei der Entgegennahme von Bargeld anwenden, auf die Kunst übertragen und standardisiert.

Wie lassen sich der monetäre Wert und das Potenzial für Wertsteigerungen eines Kunstwerkes bestimmen?

Niemand auf der Welt kann eine Prognose über die künftige Wertsteigerung von Kunst abgeben. Es gibt nur Indizien. Zum Beispiel die Seltenheit eines Kunstwerks. In der klassischen Moderne etwa wurden die Stilrichtungen sehr oft gewechselt. Künstler eines seltenen Stils dieser Periode können deshalb sehr gefragt und damit sehr teuer sein.

Funktioniert der Markt, auf dem sich der Preis für Kunst bildet, wie andere Märkte ?

Der Kunstmarkt ist sehr ineffizient, illiquide und intransparent. Erstaunlicherweise funktioniert er trotzdem irgendwie. In der Kunst ist nicht nur die Kunst Kunst, sondern oftmals ist auch die Preisfindung künstlich. Irgendwann muss der Preis für Kunst ja von jemandem festgelegt werden. Dies geschieht am Anfang zuerst durch den Künstler selbst und dann durch den Galeristen und so weiter. Das Internet macht diese Preisbildung etwas transparenter, weil man Werke nebeneinander stellen kann.

Wie fließen Moden in die Preisbildung ein?

Es kann durchaus sein, dass sich der Geschmack der Gesellschaft über die Jahre ändern. Das schlägt sich dann in Preisveränderungen nieder. Ein wesentlicher Faktor ist die Vermarktung eines Künstlers oder einer bestimmten Stilrichtung. Also die Frage, wie oft wird ein Werk ausgestellt, wie viele Kataloge werden produziert, wie oft wird in der Presse über einen Künstler berichtet. Wenn Kunst ins Museum gelangt, steigt die Aufmerksamkeit. Entsprechend verändert sich die Wahrnehmung der Sammler.

Braucht man viel Geld, um Kunst zu sammeln?

Das kommt auf die Kunst an. Wenn Sie Werke der klassischen Moderne kaufen wollen, dann brauchen Sie Geld. Wer sich aber auf junge zeitgenössische Künstler konzentriert, kann auch mit kleineren Beträgen ans Ziel kommen. Aber: Kunst hat auch etwas mit Luxus zu tun. Wir beobachten - auch bei unseren Kunden - dass sie ihr Geld nicht nur auf dem Konto haben wollen, sondern gerne auch einen Teil ihres Vermögens zu Hause in Form von Kunst genießen möchten.

Welche Kunst sollte man jetzt sammeln?

Schwierige Frage. Grundsätzlich sollte man sich in dem Sammelgebiet bewegen, das einen subjektiv am meisten anspricht. Wenn man das erkannt hat, dann lebt man für diese Kunst. Danach gilt: Die guten Stücke sind immer selten, sonst müssten sie nicht gesammelt werden.

Karl Schweizer ist Direktor bei der Schweizer Bank

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