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Wirtschaft: Der Schutz gegen unseriöse Finanzfirmen ist löcherig

BERLIN . Der Schutz der Anleger vor unseriösen Finandienstleistern ist trotz der erweiterten Befugnisse der Aufsichtsbehörden lückenhaft.

BERLIN . Der Schutz der Anleger vor unseriösen Finandienstleistern ist trotz der erweiterten Befugnisse der Aufsichtsbehörden lückenhaft. Zwar brauchen seit dem 1. April vergangenen Jahres alle Firmen, die Wertpapier- oder Derivatgeschäfte betreiben, eine Erlaubnis durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen. Doch wesentliche Bereiche sind nach wie vor ungeregelt. Verbraucherschützer fordern, daß vor allem die stillen Beteiligungen ebenfalls der Kontrolle durch das Aufsichtsamt unterstellt werden sollen. "Windige Unternehmensbeteiligungen sind die klassische Abzockform", kritisiert Peter Lischke von der Verbraucherzentrale Berlin (VZ). Doch der Gesetzgeber hält sich zurück. Für eine weitere Kontrolle des sogenannten "grauen Kapitalmarkts" sieht die Regierung keinen Anlaß. Zudem fehlt es an der Bereitschaft, dem noch in Berlin ansässigen Aufsichtsamt weitere Planstellen zu genehmigen.Schon jetzt haben die Aufseher Mühe, den Arbeitsaufwand zu bewältigen. Gerade einmal 50 Beschäftigte kümmern sich um die erlaubnispflichtigen Finanzdienstleistungen nach dem Kreditwesengesetz (KWG), 30 sind den schwarzen Schafen auf der Spur, die unerlaubte Geschäfte betreiben. 1700 offene Verfügungen schieben Letztere bereits vor sich her. Doch in den nächsten Jahren dürfte sich die Situation noch verschärfen. Im Jahr 2001 fallen 60 der insgesamt 80 Stellen weg. "Es wird schwierig sein, auf Dauer gute Leute zu halten", sagt der zuständige Abteilungsleiter, Klaus Burmeister. Hinzu kommt, daß die Behörde im nächsten Jahr nach Bonn umzieht. Auch das steigert nicht gerade die Motivation. Verunsichert werden die Mitarbeiter auch durch immer wiederkehrende Gerüchte, daß das Amt eines Tages doch noch mit der Deutschen Bundesbank zusammengelegt werden und weiter nach Frankfurt ziehen soll.Der Stellenschwund im Aufsichtsamt beunruhigt die Regierung nicht. Sie geht davon aus, daß im Jahr 2001 der größte Teil der Arbeit geschafft ist. Die Aufseher teilen den Optimismus nicht ganz. Zwar ist die Erfassung inzwischen abgeschlossen, doch gilt es nun, den Markt weiter zu überwachen. So müssen die Kontrolleure darauf achten, daß die von ihnen beaufsichtigen Unternehmen ordnungsgemäß wirtschaften. Allein in diesem Jahr haben Klaus Burmeister und seine Kollegen bereits 200 Aufhebungsbescheide verschickt.Seit dem 1. April 1998 gilt: Wer Wertpapiergeschäfte betreibt, braucht eine Erlaubnis aus Berlin. Firmen, die bereits vor dem 1. Januar 1998 im Geschäft waren, sind privilegiert und genießen Bestandsschutz. Alle, die sich rechtzeitig bis zum April beim Amt gemeldet haben, können zunächst weitermachen. Die Aufseher prüfen jedoch, ob sie die gesetzlichen Anforderungen bezüglich des haftenden Eigenkapitals und der Geschäftsleitung erfüllen. Außerdem kommen Kosten auf sie zu: über 10 000 DM für das nötige Attestat eines Wirtschaftsprüfers und der Jahresbeitrag zwischen 0,1 und 1,0 Prozent des Eigenkapitals an den "grauen" Einlagensicherungsfonds, der zukünftig im Krisenfall die Gelder der Kunden sichern soll - der bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau angesiedelte Fonds haftet pro Anleger mit maximal 20 000 Euro oder 90 Prozent der Einlage.Diese Kosten haben vielen Finanzdienstleistern die Lust an der Registrierung verdorben. Von 6500 Anzeigen, die zunächst eingingen, sind bis heute nur 2500 Firmen übriggeblieben, die sich unter die Aufsicht des Amtes gestellt haben. Viele sind abgesprungen - arbeiten entweder im Verborgenen oder haben sich auf Geschäfte verlegt, für die sie keine Erlaubnis brauchen. Denn die Vermittlung von Versicherungen, Bausparverträgen oder Krediten ist weiterhin erlaubnisfrei. Wie bei den stillen Beteiligungen gilt auch hier: Zuständig sind einzig die Gewerbeaufsichtsämter.Und die sind, wenn es um die Kontrolle von Finanzdienstleistern geht, überfordert, sagt Verbraucherschützer Lischke. Wer ansonsten Kneipen und Supermärkte kontrolliere, tue sich schwer, die komplizierte Welt der Finanzdienstleistungen zu durchschauen. Außerdem sei die Gewerbeaufsicht länderweise organisiert und schon daher nicht geeignet, die meist bundesweit tätigen Finanzdienstleister zu überwachen.Handlungsbedarf gerade bei den stillen Beteiligungen sieht auch das Bundesaufsichtsamt. Denn die Branche gibt sich einen Anstrich von Seriosität. Die Hochglanzprospekte der Anbieter sind oft aufwendig aufgelegt. Und meist kann der Anleger auf den ersten Blick nicht erkennen, ob er über den Tisch gezogen werden soll oder sich zwar auf eine hochriskante, aber nicht von vorneherein unseriöse Anlage einläßt. Dennoch: Renditeversprechen von über 20 Prozent oder Anbieter, die Sie per Telefon kontaktieren, sollten Sie mißtrauisch werden lassen, empfehlen Verbraucherschützer und Bankenaufseher.Kompliziert wird die Arbeit des Amtes, weil immer mehr Firmen aus dem Ausland heraus operieren und von dort Warentermingeschäfte oder Penny-Stock-Anlagen (Billigaktien) anbieten. Zwar sitzen die wahren Verantwortlichen meist im Inland, doch bis sich die Strafverfolgungsbehördem durch die ausländischen Briefkastenfirmen durchgearbeitet haben, vergeht viel Zeit. Zu viel Zeit, um das Geld der Anleger noch zu retten.

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