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Wirtschaft: Der Solarindustrie fehlt das Silizium

Analysten raten von Aktien der Branche ab/Photovoltaikanlagen werden teurer

Berlin - Die Solarindustrie leidet unter Lieferengpässen bei Silizium. So wird das Unternehmen Q-Cells aus dem sachsen-anhaltinischen Thalheim in diesem Jahr wegen des Rohstoffmangels nur Solarzellen für 160 Megawatt (MW) herstellen können. Ursprünglich geplant waren 200 MW, sagte Sprecherin Melanie Autenrieth dem Tagesspiegel. Auch Anleger sollten die Rohstoff-Krise ernst nehmen, raten Experten. „In Solaraktien einzusteigen, ist momentan heikel“, sagte Matthias Fawer, Analyst bei der Bank Sarasin, dem Tagesspiegel. Selbst Endverbraucher seien vom Silizium-Mangel betroffen: „Wer heute eine Solaranlage bestellt, muss mit einem halben Jahr Lieferzeit rechnen“, erklärte Fawer.

Silizium ist elementarer Bestandteil von Photovoltaikanlagen zur Stromgewinnung aus Sonnenlicht. Seit Anfang 2004 ist der Preis für eine Tonne drastisch von 25 Dollar auf rund 40 Dollar gestiegen. Das entspricht einem Plus von 60 Prozent. Zwar sind die natürlichen Vorkommen des Rohstoffs praktisch unerschöpflich, denn Siliziumdioxid ist nichts anderes als Sand. Doch bei der Aufbereitung des Stoffs kommen die Lieferanten bei der Nachfrage aus der Solarbranche – ähnlich wie in der Halbleiterindustrie – zurzeit nicht hinterher.

„Wir versuchen, aus allen Ecken Silizium zusammenzukratzen“, erklärte Q-Cells-Sprecherin Autenrieth. „Für uns ist der Stoff wertvoller als Gold.“ Auch Peter Woditsch, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Solar, räumt Probleme ein: „Unser Wachstum wird wegen der Silizium-Verknappung schwächer.“ Für die gesamte Branche rechne er deshalb nur noch mit einem „knappen zweistelligen Plus“. Im vergangenen Jahr war der Absatz der Solarindustrie noch um 50 Prozent gestiegen.

Doch nicht nur die Hersteller, auch die Verbraucher leiden mittlerweile unter der Siliziumknappheit. „Natürlich wirkt sich das auf die Endkundenpreise aus“, erklärt Patrick Hummel, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Abnehmer von Solaranlagen müssten mit einem Preisaufschlag von zwei bis fünf Prozent rechnen, schätzt der Experte. Dabei hatte die Branche für dieses Jahr wegen der härteren Konkurrenz eigentlich mit Preissenkungen gerechnet. Doch nun haben die Kunden Hummel zufolge sogar Schwierigkeiten, überhaupt eine Photovoltaikanlage zu bekommen. „Die Nachfrage ist deutlich größer als das Angebot“, hat er festgestellt.

Auch den Börsenkursen der betroffenen Firmen macht die Rohstoffkrise zu schaffen. Hummel sieht für Solaraktien kurzfristig kein großes Potenzial. „Wir haben alle Solarwerte auf ,halten’“, erklärt der LBBW-Experte. Das heißt: Von Zukäufen oder Neueinstiegen rät er ab. Das ist um so pikanter, als mehrere Solarfirmen für dieses Jahr einen Gang an die Börse planen. So hat gerade erst der Solaranlagenhersteller Conergy seine Erstnotiz am Kapitalmarkt für März angekündigt. Inoffiziellen Angaben zufolge soll die Transaktion ein Volumen von 100 bis 200 Millionen Euro haben.

Um auf den Rohstoffmangel zu reagieren, gehen die Hersteller nun neue Wege. Q-Cells beispielsweise setzt darauf, Silizium auf Glasplatten aufzudampfen; dadurch würden die Solarzellen dünner – ein Großteil des Rohstoffs könnte so eingespart werden. Serienreif ist das Verfahren allerdings noch nicht. Die Deutsche Solar wiederum möchte Silizium verstärkt selbst gewinnen. Schon heute könne das Unternehmen auf diese Weise einen „nicht unbedeutenden“ Teil seines Silizium-Bedarfs decken, sagt Vorstandschef Woditsch. So habe die Krise sogar noch etwas Gutes: „Immerhin wird der technologische Fortschritt beschleunigt.“

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