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Wirtschaft: Der Staat sichert sich die Kontrolle des Ölgeschäfts

Regierung plant die Fusion der größten Energiekonzerneund hat Zugriff auf die attraktivsten Ölfelder/Jukos will klagen

Moskau/Berlin - Russlands Wladimir Putin hat am Donnerstag den Kauf der Jukos-Tochter Juganskneftegas durch die staatseigene Firma Rosneft verteidigt. Der Staat schütze seine Interessen, indem er sich die Kontrolle über einen der größten Ölproduzenten des Landes sichere, sagte Putin. Die Polizei durchsuchte am Donnerstag erneut den Sitz von Jukos in Moskau und begründete die Aktion mit den Steuerrückständen des Unternehmens.

Die staatliche Ölgesellschaft Rosneft hatte sich am Mittwoch in einem geheimen Geschäft die ominöse Firma Baikalfinansgroup einverleibt, die ihrerseits bei der Zwangsversteigerung am Sonntag das Filetstück des Ölkonzerns Jukos, Juganskneftegas, gekauft hatte. Der Preis lag bei sieben Milliarden Euro. Beobachter schätzen, dass die Produktionsfirma, die elf Prozent des russischen Öls fördert, doppelt so viel wert ist. Durch das Geschäft sicherte sich der Kreml die Kontrolle über die lukrativsten Ölfelder von Jukos.

Dies ist vermutlich die Ouvertüre für die Bildung eines gigantischen staatlichen Energiekonzerns unter dem Mantel der bisherigen Gasfirma Gazprom. Mit der baldigen Eingliederung von Rosneft in den Gazprom-Konzern wird gerechnet. Putins Vizestabschef und Vertrauter Igor Setschin ist Aufsichtsratsvorsitzender von Rosneft.

Beobachter hielten die Baikalfinansgroup, die von Juganskneftegas am Sonntag ersteigert hatte, von Beginn an für eine Tarnfirma, deren Strohmänner im Auftrag des Energieriesen Gazprom gehandelt haben sollen. Der eigentliche Favorit Gazprom hatte bei der Versteigerung kein Gebot abgegeben. Nach einem Einspruch des US-Gerichts gegen die Auktion hatten westliche Banken eine Kreditlinie für Gazprom eingefroren. In den vergangenen Monaten hatte Moskau angekündigt, Rosneft in Gazprom aufgehen zu lassen und ein neues Unternehmen zu gründen. Würde Juganskneftegas in ein Gazprom-Rosneft-Unternehmen eingegliedert, stiege die Ölförderkapazität von Gazprom auf täglich 1,6 Millionen Barrel, wie die Unternehmensberatung PFC Energy aus Washington erklärte. Dies entspreche der Kapazität der weltweit größten Ölkonzerne. Juganskneftegas wird somit de facto Staatseigentum. Denn Russlands Regierung, die bei Gazprom derzeit 38 Prozent hält, will ihre Anteile auf 50 Prozent plus eine Aktie aufstocken.

Was das für Eon-Ruhrgas bedeutet, die 6,5 Prozent von Gazprom besitzt, ist noch unklar. Ursprünglich sollte das Gazprom-Ölgeschäft mit Rosneft verschmolzen werden. Eine Ruhrgas-Sprecherin sagte dem Tagesspiegel, man wolle erst einmal abwarten. „Die Ereignisse überschlagen sich derzeit.“ Dass Rosneft die Baikalfinansgroup gekauft hat, sei auch für Ruhrgas überraschend gewesen. „Wir wissen das auch nur aus den Medien.“

Unklar ist derweil, ob Jukos mit seinen Forderungen nach Annullierung des Verkaufs durchkommt. Die Jukos-Anwälte nennen die Zwangsversteigerung der Tochter unrechtmäßig und haben Fachleuten zufolge dabei das Insolvenzrecht hinter sich. Sowohl das russische, das den Verkauf von Kerngeschäften verbietet, sofern zuvor nicht alle Randaktivitäten veräußert wurden, als auch das internationale. Jukos kann daher die Aktiva der neuen Eigentümer in allen Staaten sperren lassen, die die Urteile von Houston anerkennen. Darunter sind alle EU-Mitglieder. Klagen werden bereits vorbereitet.

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