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Wirtschaft: Der Trend zu Fachmärkten geht zu Lasten des Kleinhandwerks

Charles Partzsch hat schwer zu kämpfen. "An die Zukunft wage ich kaum noch zu denken", klagt der Charlottenburger Raumausstattermeister.

Charles Partzsch hat schwer zu kämpfen. "An die Zukunft wage ich kaum noch zu denken", klagt der Charlottenburger Raumausstattermeister. Als er vor zehn Jahren als Ein-Mann-Betrieb begann, hatte er sich seine Zukunft anders vorgestellt. "Inzwischen fallen wir von einer Ohnmacht in die nächste."

Umsatzverluste von mehr als 30 Prozent in den letzten beiden Jahren sorgten dafür, dass von seinen einstmals fünf Mitarbeitern nur noch drei übrig geblieben sind. Damit bildet er jedoch keinesfalls eine Ausnahme. Allein in Berlin ging in den letzten zehn Jahren die Zahl der selbstständigen Handwerksbetriebe kontinuierlich zurück. Waren 1990 noch 298 von ihnen bei der Handwerkskammer verzeichnet, so gab es Ende Juni 1999 gerade mal noch 191.

Dagegen können Fachmärkte für Raumausstattung wie die Wand und Boden GmbH in den kommenden Jahren durchaus mit guten Geschäften rechnen. Denn der Trend zur Verschönerung der eigenen vier Wände ist in den letzten Jahren eher stärker als schwächer geworden. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls eine Studie der BBE-Unternehmensberatung Köln. Besonders bei Gardinen und Deko-Stoffen sind demnach mit mehr als sechs Prozent bis 2002 die größten Wachstumsmargen zu erwarten, gefolgt vom Bereich Heim- und Haustextilien mit gut drei Prozent. Nach Aussage von Johannes Sausen von BBE seien besonders bei solchen Fachmärkten steigende Absatzzahlen zu beobachten, "die preisaggressiv und trotzdem mit qualitativ hochwertigen Produkten am Markt auftreten und entsprechenden Beratungs- und Einbauservice bieten". Dieser Service erreiche zwar nicht das Niveau der Handwerksbetriebe, die damit rund 60 Prozent ihres Umsatzes erwirtschaften, sei aber dafür um einiges billiger. Fachmärkte wie Wand & Boden, die von einigen Fachleuten bereits als Trendsetter der Branche bezeichnet werden, konnten ihren Marktanteil zwischen 1994 und 1997 auf mittlerweile ein Fünftel steigern, Tendenz steigend.

Diese Entwicklung geht jedoch immer stärker zu Lasten des Klein-Handwerks. "Wir sind froh, wenn wir zumindest kostendeckend arbeiten können", klagt denn auch der Weißenseer Raumausstatter Johannes Prang, der sich mit seinen zwei Mitarbeitern auf Gardinenwaschservice und Lamellenreinigung spezialisiert hat. Kollege Charles Partzsch macht dabei noch auf ein anderes Problem aufmerksam: "Unsere Kundenklientel hat ein Alter von 45 an aufwärts". Speziell jüngere Leute kauften sich Artikel wie Gardinen und Teppiche lieber in entsprechenden größeren Märkten zusammen. Immer weniger Kunden wissen seine "persönliche Beratung" und "fachgerechte Ausführung" bei der Verlegung von Teppichböden und Anfertigung von Dekorationen zu schätzen.

Die Entwicklung haben auch die BBE-Experten verfolgt. Einzige Chance für kleine Handwerksbetriebe sei, so Unternehmensberater Sausen, verstärkt auf Exklusivität bei Ware und Leistung hinzuarbeiten, um bei Kunden ein Markenbewusstsein zu schaffen. "Aus dem oberen Preisbereich werden diese Betriebe mittelfristig nicht herauskommen."

Doch im Marketingbereich tun sich die Handwerksbetriebe zumindest in Berlin noch schwer. "Wir haben viele ältere Kollegen, die sich auf ihre finanziellen Rücklagen verlassen und an gemeinsamen Projekten nicht interessiert sind", moniert Partzsch. Eine eigene Kampagne könne er sich nicht leisten. Somit vertraut er auf seinen Ruf bei den Kunden und auf das Prinzip Hoffnung. Ansätze im Bereich Eigenwerbung allerdings gibt es. So will die Raumausstatterinnung mit einer Broschüre verstärkt bei Bonner Umzüglern werben.

sie

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