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Wirtschaft: Der US-Schuldenberg wächst bedrohlich Defizit nahe der gesetzlichen Grenze von 5,95 Billionen Dollar

Washington (lou). Der US-Haushalt rutscht immer tiefer in die roten Zahlen.

Washington (lou). Der US-Haushalt rutscht immer tiefer in die roten Zahlen. Die offizielle Defizitprognose für das laufende Jahr wird sich vermutlich bald sogar verdoppeln. Zum einen sind die Steuereinnahmen für das laufende Jahr drastisch niedriger ausgefallen als erwartet. Zum anderen steigt die Ausgabenlust der Kongressabgeordneten vor den Wahlen im November beträchtlich. Der Schuldenberg der USA wird Ende kommenden Monats zudem die festgelegte Obergrenze überschreiten, wenn der Kongress das Limit nicht vorher hochsetzt.

„Der Monat April ist normalerweise die Kronjuwele im Steuerjahr des US-Finanzministeriums“, erklärt Susan Hering von der Investmentbank UBS Warburg. In diesem Monat nämlich laufen die Steuerschecks der US-Bürger bei den Finanzbeamten ein. „Dieses Jahr hat sich die Juwele jedoch als Kieselstein erwiesen,“ so Hering.

Das amerikanische Finanzministerium hat in diesem Jahr von Privatpersonen gut ein Drittel weniger veranlagte Einkommen- und Sozialversicherungssteuern eingesammelt als im vergangenen April. Das reißt ein 71 Milliarden Dollar großes Loch in den Bundeshaushalt. Auf gerade mal 46 Milliarden Dollar belief sich noch im März die offizielle Defizitprognose des unabhängigen Congressional Budget Office (CBO). Finanzexperten hatten zwar bereits damit gerechnet, dass die Einnahmen wegen der Rezession niedriger ausfallen würden. Einen so drastischen Absturz hatte jedoch niemand erwartet.

„Es wird eine lange Zeit – vermutlich Jahre – dauern, bis die Gründe für diesen steilen Einnahmeverlust voll erklärt werden können“, meint John Youngdahl von dem Investmenthaus Goldman Sachs. Bisher gelten die im vergangenen Sommer beschlossenen Steuersenkungen, die Rezession und die mit ihr angestiegene Arbeitslosigkeit ebenso als Ursache wie geringere Einnahmen aus Kapitalerträgen und Aktienoptionen.

Ungemach droht der Treasury bereits Ende Juni. Dann werden die Staatsschulden die gesetzlich festgelegte Obergrenze von 5,95 Billionen Dollar überschreiten – es sei denn, der Kongress kommt vorher der Aufforderung des Finanzministeriums nach und erhöht das Schuldenlimit um 750 Milliarden Dollar. Obwohl es sich dabei um einen rein buchhalterischen Akt handelt, ist das Schuldenlimit in Washington zu einem Politikum geworden. Der Kongress hat keine Anstalten gemacht, dem Aufruf der Treasury zu folgen. „Vor den Wahlen will keiner der erste sein, der diese Obergrenze weiter anhebt“, erklärt Chris Edwards, Direktor für finanzpolitische Studien an der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Cato Institute in Washington.

Die Demokraten nutzen die Diskussion, um erneut Bushs Steuersenkungen vom vergangenen Jahr für die Haushaltsmisere verantwortlich zu machen. Sie sind deshalb nicht gewillt, Ausgabenkürzungen hinzunehmen, um so das Budget auszugleichen. Die Republikaner wiederum wollen vor den Kongresswahlen im November Steuererhöhungen ebenso vermeiden wie den Ruf, diejenigen zu sein, die geringere Ausgaben für staatliche Programme fordern.

Die diskretionären Ausgaben – das Geld, über das der Kongress frei verfügen kann – werden nach Ansicht von Experten in diesem Jahr folglich 15 Prozent höher ausfallen als 2001. „Der Krieg, die Sorge um die innere Sicherheit und die Rezession haben eine Lizenz für finanzpolitische Verschwendung erteilt“, sagt Robert Reischauer, Präsident der Denkfabrik Urban Institute in Washington und ehedem CBO-Direktor. Die Investmentbank Credit Suisse First Boston geht deshalb davon aus, dass „das Budgetdefizit während des gesamten Jahrzehnts bestehen bleibt".

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