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Wirtschaft: Der vielgeschmähte Klassiker: die Lebensversicherung

Die ist nicht totzukriegen.Obwohl Verbraucherschützer mit ihrer Kritik nicht hinter dem Berg halten, der Bund der Versicherten gar von "legalem Betrug" spricht, bleibt die Lebensversicherung das Lieblingskind der Deutschen in Sachen Altersvorsorge.

Die ist nicht totzukriegen.Obwohl Verbraucherschützer mit ihrer Kritik nicht hinter dem Berg halten, der Bund der Versicherten gar von "legalem Betrug" spricht, bleibt die Lebensversicherung das Lieblingskind der Deutschen in Sachen Altersvorsorge.Auf stolze 81,65 Mill.Verträge ist der Bestand Ende des vergangenen Jahres angeschwollen.Obwohl sinkende Realeinkommen und wachsende Arbeitslosigkeit anderen Versicherungssparten das Leben schwer machen, bleibt die Lebenspolice der Verkaufsschlager: Mehr als sieben Mill.Verträge wurden im vergangenen Jahr neu abgeschlossen.Das sind zwar 2,4 Prozent weniger als im Jahr 1996, aber zu Recht spricht die Branche von einer "Stabilisierung auf hohem Niveau".

Die wachsende Konkurrenz der Banken fürchten die Lebensversicherer nicht.Sie sehen sich als die "echte Altersvorsorge"."Die Leute wollen in erster Linie Sicherheit", sagt Jürgen Merkes, Sprecher des Verbandes der Lebensversicherungs-Unternehmen.Die könne aber nur eine Lebensversicherungspolice bieten.Die Werbeargumente der Branche: der garantierte Mindestzins von vier Prozent und die Steuervorteile der Versicherung.Das leuchtet ein - zumindest auf den ersten Blick.Denn obwohl die meisten Aktienfonds in einer langfristigen Betrachtung mit zweistelligen Renditen glänzen können, gibt es - anders als bei den Lebensversicherungen - keine Garantien."Der Fonds garantiert noch nicht einmal die Rückzahlung der eingezahlten Beiträge", kritisiert Merkes.Und: Läuft die Lebensversicherung länger als 12 Jahre, sind die Kapitalerträge steuerfrei, die Beitragszahlungen akzeptiert der Fiskus steuermindernd als Sonderausgaben.Weiterer Trumpf: Anders als bei den neuen AS-Fonds kann man den Zuschuß des Arbeitgebers im Rahmen der vermögenswirksamen Leistungen auch für Lebensversicherungen verwenden, eine Arbeitnehmer-Sparzulage scheidet jedoch aus.

So weit, so gut.Doch wer genauer hinsieht, stößt auf Risse hinter der glänzenden Fassade.Denn nur Beamte und Selbständige kommen in den Genuß des Sonderausgaben-Abzugs, normale Arbeitnehmer haben ihre Möglichkeiten bereits mit dem, was sie für ihre Sozialversicherung bezahlen, erschöpft.Auch die Renditeversprechen klingen besser als sie sind.Denn der Garantiezins von vier Prozent bezieht sich mitnichten auf die vom Versicherten eingezahlten Prämien, sondern nur auf den Sparanteil.Intern zerlegen die Versicherungsgesellschaften die Kundenbeiträge nämlich in drei Bestandteile: Zunächst ziehen sie ihre Kosten für die Verwaltung und die Vertreterprovision ab, dann die Ausgaben für den Versicherungsschutz.Nur der verbleibende Beitragsteil wandert in den Sparstrumpf."Bezogen auf den kompletten Beitrag bietet der Versicherer oft nicht mal den mageren Sparbuchzins von zwei bis drei Prozent", resümiert die Stiftung Warentest.

Doch selbst dieser geht dem Versicherten durch die Lappen, wenn er den Vertrag vorzeitig kündigt.Dabei gilt: Je früher die Kündigung, desto größer die Verluste.Bei Kündigung in den ersten Jahren gibt es meist nicht einmal die eingezahlten Beiträge zurück.Denn zunächst bezahlen die Versicherungen von dem Versichertengeld das Vertreterhonorar, erst später trägt das angesparte Kapital Früchte.Ein Kunde der Hamburg-Mannheimer brauche über zehn Jahre, um sich bei einem 27-Jahres-Vertrag aus dem Minus herauszuarbeiten, schreibt die Zeitschrift "Finanztest".Andere, wie die Hannoversche Leben, sind deutlich schneller.

Auch an den erwirtschafteten Erträgen haben die Versicherten höchst unterschiedlich Anteil.Der Kapitalmarkt, auf dem die Lebensversicherer die Sparergelder anlegen, wirft deutlich höhere Renditen als die garantierten vier Prozent ab.Doch nur wenige Versicherte kommen voll in den Genuß der zusätzlich erwirtschafteten Einnahmen.Viele Gesellschaften lassen ihre Kunden nur teilweise an der Anlagerendite teilhaben, bemängelt das Verbrauchermagazin "DM".

Zum Renner werden die Lebensversicherungen erst durch die Steuerprivilegien.Die Auszahlung aus einer Kapitallebensversicherung ist steuerfrei.Unter folgenden Voraussetzungen: Die Versicherung muß mindestens 12 Jahre lang laufen, der Kunde muß wenigstens fünf Jahre lang Beiträge zahlen, und der Todesfallschutz muß zumindest 60 Prozent der Beitragssumme betragen.Wer von der Steuerfreiheit profitiert, macht in der Tat einen guten Schnitt.Andere steuerpflichtige Anlagen können da kaum mithalten, sagt auch die Stiftung Warentest.Interessant wird die Kapitalleben daher besonders für gutbetuchte Anleger, die ihre Sparerfreibeträge bereits ausgeschöpft haben.Doch wie lange dieses Steuerprivileg noch gelten wird, ist ungewiß.So wollte die Regierung im Rahmen der Steuerreform die Steuerfreiheit der Kapitalerträge beschneiden, gab dann aber dem massiven Druck der Versicherungswirtschaft nach und plante stattdessen eine Versicherungssteuer auf Lebensversicherungen.Eine Forderung, die nach wie vor aktuell ist.Dennoch ist die Branche zuversichtlich, daß auch dieses Mal der Kelch an ihr vorübergeht: "Es ist uns immer gelungen klarzustellen, daß die Lebensversicherung etwas Besonderes ist", sagt Verbandssprecher Merkes.

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