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Wirtschaft: Der wahre Käfer ist ein Japaner

In Mexiko läuft der letzte VW-Käfer vom Band – doch das meistverkaufte Auto war er schon lange nicht mehr

Berlin (anw). „Er läuft und läuft und läuft“ – fast 70 Jahre lang war der VWKäfer einfach nicht kaputtzukriegen, seine Verlässlichkeit war sein Markenzeichen. Doch selbst für das langlebigste Automodell aller Zeiten kommt nun das Aus: Am heutigen Mittwoch läuft im mexikanischen Puebla der weltweit letzte Käfer vom Band.

Rund 21,5 Millionen Exemplare des kleinen Rundlings hat VW insgesamt verkauft. Jahrzehntelang galt der Käfer deshalb als das erfolgreichste Auto aller Zeiten. Doch mit den Jahren wurde der Käfer von anderen Modellen überholt: Heute führt der Toyota Corolla die weltweite Rangliste mit deutlichem Abstand an. Über 30 Millionen Stück haben die Japaner schon verkauft. „Jedes Jahr kommen rund eine Million weitere dazu“, erklärt Wolf-Henning Fanslau, Pressesprecher von Toyota Deutschland.

Auch bei VW selbst haben sich die Relationen verschoben: Der Golf hat den Käfer als Zugpferd längst abgehängt. Mehr als 22 Millionen mal ist der Nachfolger des Käfers verkauft worden.

Dennoch hat der Käfer etwas, was Golf und Corolla wohl nie erlangen werden: Kult. „Ich sehe momentan kein Auto, das jemals einen vergleichbaren Status wie der Käfer erreichen könnte“, sagt Ulrich Winzen von Marketing Systems. Auch nach Ansicht des Autoexperten der Fachhochschule Gelsenkirchen, Ferdinand Dudenhöffer, bleibt der Käfer einmalig. „Etwas wie ihn wird es nicht mehr geben.“

Das Besondere am Käfer sei, dass er sich über die Jahre hinweg kaum verändert habe. „Ein neuer Corolla hingegen ist mit seinen Vorgängermodellen kaum noch zu vergleichen“, sagt Dudenhöffer. Das gleiche gelte für den VW Golf. So hat sich das Modell seit den 70er Jahren vom Kleinwagen zum Mittelklasseauto gewandelt. Mit dem Golf 5 kommt demnächst wieder eine neue Variante auf den Markt. „Dass es eines der heutigen Modelle in 70 Jahren noch gibt, ist undenkbar“, sagt Dudenhöffer. Selbst auf dem unendlich groß erscheinenden chinesischen Markt könne er sich keine Marke vorstellen, die unmodifiziert auf solche Absatzzahlen käme wie der Käfer.

Begonnen hat die Geschichte des Käfers 1934, als Hitler Ferdinand Porsche mit der Konstruktion eines „Volkswagens“ beauftragte. Die serielle Produktion wurde aber erst 1945 in Wolfsburg aufgenommen. Preiswert, leicht zu handhaben und kaum pannenanfällig – so wurde der Käfer zur Nummer eins. „Individualität konnte man mit ihm nicht ausdrücken“, erklärt Marketingexperte Winzen, „aber er war praktisch.“

Damit passte der Käfer perfekt in die Zeit des Wirtschaftswunders. „Er hat die Massenmotorisierung nach dem Krieg überhaupt erst ermöglicht“, sagt Winzen. Für viele sei der Käfer das erste Auto überhaupt gewesen, zahlreiche deutsche Touristen seien mit ihm zum ersten Mal ins Ausland gefahren. Solche Erlebnisse hätten dazu beigetragen, dass der Wagen zum Kultauto wurde.

Doch wirtschaftlich war das Modell für VW immer weniger tragbar. 1978 wurde die Fertigung in Deutschland eingestellt, in Emden lief das letzte Fahrzeug vom Band. Seit 1996 war Puebla, rund 125 Kilometer südöstlich von Mexiko-Stadt, der einzige Standort, an dem der Käfer noch gebaut wurde.

Mit den letzten nun produzierten 3000 Stück erinnert VW an den Urkäfer: Die Sonderedition gibt es in den Farben hellblau und cremeweiß. Rund 13000 Euro kostet ein Exemplar, die Überführungskosten kommen noch dazu. Die für Deutschland reservierten 200 Stück sind schon lange vergriffen. Etwas bleibt vom Käfer aber auch nach seinem Ende bestehen: sein Ruf. „Der Käfer wird auch in ein bis zwei Generationen noch allen ein Begriff sein“, schätzt Winzen.

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