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Die Skyline von Dubai im Nebel (aufgenommen am 5. Oktober 2015). Von hier koordiniert Paul van Son die Aktivitäten von RWE und der Dii.

© AFP/ Rene Salma

Desertec-Initiatitve Dii: Wüstenstromfreunde sammeln sich neu in Dubai

Vor einem Jahr wurde der Desertec-Initiative der Stecker gezogen. Die Zentrale in München musste schließen. Jetzt lebt das Projekt neu auf - diesmal im Emirat Dubai und „ohne große Sprüche“, wie der Koordinator sagt.

Die Desertec-Idee hat bis heute leidenschaftliche Befürworter genauso wie Kritiker und Skeptiker. Egal wie man zu dem Konzept steht: Tatsache ist, dass sich davor und seither nie wieder so viele milliardenschwere Konzerne zusammengeschlossen haben, um - aus ganz unterschiedlichen Motiven heraus - gemeinsam eine konkrete Vision zu unterstützen. 

Viel Tamtam gab es damals in München im Sommer 2009: Vertreter von zwölf Unternehmen waren vor die Kameras getreten, um feierlich ihre Desertec Industrial Initative (Dii) zu gründen. Gesandte von Dax-Konzernen wie Deutsche Bank, Eon, RWE und Munich Re beschworen mit Ihrer Unterschrift die Absicht, eine ältere Vision des Club of Rome und des Deutsches Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in die Praxis umzusetzen.

Paul van Son (Archivbild von 2010). Heute steht der Manager in Diensten des Energiekonzerns RWE.
Paul van Son (Archivbild von 2010). Heute steht der Manager in Diensten des Energiekonzerns RWE.

© Anne-Beatrice Clasmann / picture alliance / dpa

Im Kern ging es um die Vorstellung, die Industrie könne bis zum Jahr 2015 in den Wüsten Nordafrikas und des Nahen Ostens so viel Strom mit erneuerbaren Energien - vor allem Solar- und Windkraft - erzeugen, um rund zwei Drittel des Bedarfs vor Ort zu decken und dazu noch so viel Strom übers Mittelmeer leiten, um damit 15 Prozent des europäischen Strombedarfs zu liefern. Dazu müssten sie rund 400 Milliarden Euro investieren. Vor allem diese Zahl hat seinerzeit die Öffentlichkeit besonders elektrisiert.

Die Dii wuchs schnell, zwischenzeitlich hatte die Initiative fast 40 zahlende Unterstützer - auch Firmen aus Spanien, Italien und Nordafrika waren dabei. Doch einen Arabischen Frühling und einen Führungsstreit zwischen den Geschäftsführern Paul van Son und Aglaia Wieland später wurde die Dii vor einem Jahr, im Oktober 2014, von den verbleibenden 17 Gesellschaftern de facto aufgelöst.

Doch die Initiative lebt wieder - mit dem selben Namen, aber in Dubai. Das sagte der ehemalige Dii-Geschäftsführer Paul van Son vergangene Woche auf einer RWE-Veranstaltung in Berlin. Der Niederländer, Landsmann von RWE-Konzernchef Peter Terium, koordiniert mittlerweile von einem Büro in dem Golf-Emirat aus die Aktivitäten des zweitgrößten deutschen Versorgers in Nordafrika, dem Nahen und mittleren Osten und in der Türkei. In der Funktion haben er und sein Team jetzt zum Beispiel für die Scheichs einen Auftrag fertiggestellt: die Entwicklung eines ganzheitlichen Energiekonzepts für Dubai bis zum Jahr 2030.

Solarthermischen Parabolrinnenkraftwerk in der Nähe von Las Vegas. Zunächst stand diese Technologie im Zentrum der Desertec-Planer. Heute geht es auch um Fotovoltaik und Windenergie.
Solarthermischen Parabolrinnenkraftwerk in der Nähe von Las Vegas. Zunächst stand diese Technologie im Zentrum der Desertec-Planer. Heute geht es auch um Fotovoltaik und Windenergie.

© picture alliance / dpa

Auch die Dii soll heute genau das tun: beraten und Pläne ausarbeiten. Allerdings nicht nur auf Rechnung von und für RWE. Heute gibt es noch drei Hauptträger der neuen Dii: RWE natürlich, dazu den saudi-arabischen Versorger ACWA Power und die State Grid Corporation of China, den staatlichen Stromnetzbetreiber des Landes.

Von den paar Dutzend Mitarbeitern in der Münchner Geschäftsstelle hätten immerhin vier nach Dubai wechseln wollen. Der Prozess sei aber „etwas turbulent“ gelaufen, wie van Son auf Nachfrage berichtet. Einer sei am Ende gewechselt, vier neue Experten eingekauft worden, berichtet van Son. „Das Konzept ist heute anders als damals. Die Partner machen quasi die Arbeit und nicht eine Gruppe von teuren Experten.“ Er erwarte, dass das Team bald etwa sechs bis acht Personen umfassen werde.

Man habe darüber hinaus ein neues Netzwerk "mit klangvollen Namen“ aufgebaut. Van Son nennt Firmen wie First Solar, Abengoa, MW Group, Siemens, ABB, Solar Reserve, Engie (ehemals GDF Suez). Dazu kämen noch „eine Reihe kleinere Unternehmen“. Eine Liste der aktuelle Unterstützer findet man hier.

„Die neue Dii macht keine großen und langfristigen Sprüche, sondern konzentriert sich auf die Aufdeckung von Hindernisse für Erneuerbaren-Energie-Projekte“, sagt van Son. Man versuche mit den Partnern in der großen Region die Behörden dazu zu bewegen, die Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Das Ziel: Beschleunigung der Erneuerbaren. 

„Wenn auf Dauer dadurch die Erzeugungskosten stark reduziert werden erwarte ich dass die Länder auch nach Europa exportieren werden. Das wäre dann sozusagen das alte Desertec“. Auch künftig blieben Stromtransportverbindungen zwischen Europa, Afrika und Asien „sehr relevant“. 

Unabhängig von der Industrie-Intitiative Dii, die seinerzeit maßgeblich vom weltgrößten Rückversicherer Munich Re vorangetrieben worden war, arbeitet auch die Desertec Foundation, die auch die Urheberschaft auf die Vision für sich beansprucht, ebenfalls an dem Plan, das Desertec-Projekt zu realisieren. Der neue Kuratoriumsvorsitzende Roland Berger, der Gründer der gleichnamigen Strategieberatung, hatte im Mai 2015 feierlich einen „Generationenvertrag“ mit Jugendlichen aus aller Welt geschlossen, um mit ihnen Konzepte für die Realisierung vor Ort in den Wüstenregionen zu entwickeln. Anfang September, vor gute einem Monat also, startete die Foundation eine Crowdfundig-Kampagne, um Geld für den Aufbau ihrer Akademien aufzutreiben. 

Industrie und Zivilgesellschaft bleiben also dran an der Vision: Bis große Teile der Wüstenregionen aufblühen durch erneuerbare Energien, dürften allerdings noch ein paar Jahre vergehen. Bis 2050 bleiben ja noch 35. 

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