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Elke König, Bafin-Chefin, könnte bald einer der wichtigsten Institutionen des EU-Finanzsektors vorsitzen.

© dpa

Deutsche Bafin-Chefin könnte EU-Abwicklungsbehörde leiten: Elke König und die Aufräumer

In Brüssel wird die neue Abwicklungsbehörde für Banken besetzt. Der Chefposten könnte an Bafin-Präsidentin Elke König gehen. Die war ursprünglich gar kein Fan der Idee.

Es ist eine der wichtigsten Personalentscheidungen für den EU-Finanzsektor in den vergangenen Jahren. Trotzdem startet die finale Runde im Rennen um die Bankenabwicklungsbehörde, auf Englisch „Single Resolution Board“ (SRB) genannt, ziemlich leise und unauffällig. Die EU-Kommission lässt in einer Pressemitteilung erst unter „Andere Neuigkeiten“ an zweiter Stelle verlauten: Sechs Kandidaten kommen für den Vorsitz und die zwei Vize-Vorsitzenden der neuen EU-Finanzbehörde infrage. Um den Chefposten kämpft Elke König, Vorsitzende der deutschen Finanzaufsicht Bafin, mit den Belgiern Luc Coen, Gouverneur der belgischen Notenbank, und Philippe Maystadt, belgischer Ex-Finanzminister. Für den Vize-Posten kommen Niederlands Zentralbank-Chefin Arianne Joanne Kellermann und die beiden Finnen Pentti Hakkarainen, Vizepräsident der Banc of Finland und Timo Löytyniemi, Chef der finnischen Pensionsfonds, infrage.

Wenn die neue Behörde zum 1. Januar die Arbeit in Brüssel aufnimmt, dann steht der zweite wichtige Pfeiler einer europäischen Bankenunion. Der erste ist bereits etabliert. Seit November beaufsichtigt die Europäische Zentralbank (EZB) 128 Großbanken, prüft ihre Bilanzen und ihre Stabilität. Wenn die EZB aber zukünftig den Eindruck bekommt, eine dieser Banken gerät in Schieflage, dann wendet sie sich an das neue sechsköpfige Gremium. Diese Abwicklungsbehörde entscheidet dann, ob die entsprechende Bank gerettet oder abgewickelt werden soll und ob dafür Mittel aus dem Bankenrettungsfonds fließen, in den alle Großbanken ab 2016 einzahlen müssen und der in den kommenden zehn Jahren mit 55 Milliarden Euro gefüllt werden soll. Eine weitere Hauptaufgabe des Boards wird es sein, Abwicklungspläne zu prüfen, die jede der Banken selbst entwickeln und vorlegen muss. So soll einem Kollaps vorgebeugt werden.

Die Entscheidung über Rettung, Umstrukturierung oder Pleite einer europäischen Großbank ist eine mächtige Aufgabe – umso mehr, weil die Europäische Zentralbank und die EU-Kommission, anders als zunächst gedacht, nur eine Beobachterposition einnehmen sollen.

Die Bundesregierung wirbt öffentlich für Bafin-Chefin Elke König. Der neue Spitzenjob setze „ein hohes Maß an Expertise sowohl im Bereich der Aufsicht als auch im Bereich der Abwicklung voraus.“ König sei „die Wunschkandidatin der Bundesregierung“ heißt es aus dem Bundesfinanzministerium. „Sie ist für diese Aufgabe hervorragend geeignet und bringt die bestmöglichen Qualifikationen für diesen Job mit.“ Es wird in Hintergrundgesprächen ziemlich klar, dass die Deutschen auch erwarten, dass ihre Frau ab Januar im Chefsessel sitzen wird. Und das, obwohl Elke König noch 2013 von einer europäischen Bankenabwicklung wenig hielt. Sinnvoller sei es, sagte sie damals, zuerst ein System nationaler Abwicklungsfonds zu schaffen. Denn der einzelne Staat müsse schlussendlich auch die Konsequenzen tragen.

Nun ist es bekanntlich anders gekommen und die einzige Frau unter den Vorsitz-Kandidaten muss sich einem demokratischen Auswahlverfahren stellen. Das fing damit an, dass die Stelle öffentlich ausgeschrieben wurde: Jeder, der wollte, konnte sich die Anzeige im Internet runterladen. 20 Jahre Erfahrung im Bankensektor wurden gefordert, fünf Jahre in Führungspositionen, zu verdienen sind brutto monatlich knapp 43000 Euro.

Nun wird die Liste der sechs Favoriten der Kommission dem EU-Parlament und dem Rat übermittelt. Voraussichtlich kommende Woche wird der Wirtschafts- und Währungsausschuss alle sechs in nicht-öffentlichen Sitzungen befragen und dann der Kommission mitteilen, welche Kandidaten er am geeignetsten findet. Die Kommission entscheidet nach dem Feedback von Rat und Parlament über die finalen drei Kandidaten, über die dann beide Gremien abstimmen.

„Wir werden bei unserer Auswahl besonders darauf achten, welche Kandidaten sich klar zu einem strikten Bail-in-Verfahren bekennen, bei dem die Anleger einer Bank auch wirklich zur Verantwortung gezogen werden“, sagte Sven Giegold (Grüne), Mitglied des Wirtschaftsausschusses, dem Tagesspiegel. „Es wird kaum ein anderes Institut geben, das so viel Macht über das europäische Finanzsystem haben wird. Bei einem solch riesigen Einfluss ist wichtig, dass die Mitglieder des Boards klarmachen, dass im Ernstfall nicht wieder der Steuerzahler blechen muss.“ Es sei ein großer Fortschritt, dass zukünftig nicht mehr aus nationaler, sondern aus europäischer Perspektive über die Rettung oder Abwicklung von Banken entschieden werde.

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