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DEUTSCHE BAHN Die Kontrolle des Konzerns – und der Kampf gegen die Korruption: Rechnungshof tadelt Tiefensee

Prüfer verlangen strengere Überwachung der Bahn durch das Verkehrsministerium – es geht um viel Geld

Berlin - Der Bundesrechnungshof (BRH) hat Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) vorgeworfen, die Deutsche Bahn nicht streng genug zu kontrollieren. Sein Ressort verkenne offensichtlich die Vorgabe des Grundgesetzes, wonach „der Bund bei Ausbau und Erhalt des Schienennetzes dem Wohl der Allgemeinheit Rechnung zu tragen hat“, heißt es in einem Bericht an den Bundestags-Haushaltsausschuss, der dem Tagesspiegel vorliegt. Der Bund investiere 3,5 Milliarden Euro pro Jahr in die Gleise und müsse „dafür sorgen, dass die mit Bundesmitteln finanzierten Anlagen eine möglichst optimale Lebensdauer erreichen“. Der BRH fordert das Ministerium daher auf, den Umgang der Bahn mit dem Schienennetz „mit allen ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten zu überwachen“.

Bereits in einem Vorbericht vom Januar hatten die Rechnungsprüfer den Zustand des 34 000 Kilometer langen Schienennetzes heftig kritisiert. So habe die Bahn zwischen 2001 und 2005 mindestens 1,5 Milliarden Euro weniger in die Erhaltung des Netzes gesteckt, als nötig gewesen wäre. Die Mängel an den Gleisen wertet der BRH „als Beleg für eine jahrelange Vernachlässigung der erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen“ durch die Bahn. Der Konzern hatte dies als haltlos zurückgewiesen. Für den Staatskonzern ist das Verkehrsministerium zuständig. Es stellt zudem einen der drei Staatssekretäre im Aufsichtsrat, die anderen kommen aus den Ressorts Finanzen und Wirtschaft.

Zu den ursprünglichen Vorwürfen des BRH haben mittlerweile Tiefensees Beamte Stellung bezogen. Doch die Rechnungsprüfer halten deren Argumente in ihrem aktualisierten Bericht für nicht überzeugend. So findet das Ministerium laut BRH, dass der Bund gar nicht die Macht habe, von der Bahn eine bestimmte Qualität der Schienen zu fordern. Denn das Grundgesetz schreibe vor, dass die Bahn als Privatunternehmen zu führen sei, für sie gelte das Aktiengesetz. Der Rechnungshof meint hierzu, Tiefensees Haus verkenne die Pflichten nach dem Grundgesetz-Artikel 87, wonach der Bund im Sinne des Allgemeinwohls für die Schiene sorgen müsse. „Das Bundesministerium kann sich dieser verfassungsrechtlichen Verpflichtung nicht mit dem Hinweis entziehen, einfachgesetzliche gesellschaftsrechtliche Regelungen begrenzten die Einflussmöglichkeiten auf die DB AG.“ Das Ressort solle Änderungsvorschläge machen, wenn es die aktuellen Regeln „nicht für ausreichend erachtet“.

Doch auch nach derzeitigem Stand habe der Bund ausreichend Möglichkeiten, die Bahn zu überwachen. Als Alleinaktionär habe er im Aufsichtsrat „Einsichts- und Prüfungsrechte“. Dazu gehöre auch zu kontrollieren, ob die Bahn die Schienen wie vereinbart pflegt. Eine Stellungnahme des Ministeriums zur Kritik des Rechnungshofes gab es bis zum späten Abend nicht. Derzeit prüfen die Beamten einen Bericht über den Zustand des Schienennetzes, den die Bahn erstellt hat. Details sind aber noch nicht bekannt.

Winfried Hermann, Bahnexperte der Grünen, kritisierte die mangelnde Kontrolle des Konzerns durch den Staat. „Der Bund als Eigentümer der Bahn schickt als Staatssekretäre getarnte Schlafmützen in den Aufsichtsrat. Dieses Vorgehen ist verantwortungslos“, sagte er dieser Zeitung. Banken und Anleger übten bei anderen Firmen schon als Minderheitseigner weitaus mehr Kontrolle und Einfluss auf einen Vorstand aus. Hermann: „Der Bund agiert als interessen- und machtloses Subjekt, obwohl er Eigentümer ist. Das ist der eigentliche Skandal.“ Der Aufsichtsrat solle Bahnchef Mehdorn sagen, wenn es keinen ordentlichen Bericht über den Zustand des Netzes gebe, „dann war es das“.

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