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Deutsche Bahn: Ein Gewinn zum Abschied

Bahn-Chef Hartmut Mehdorn liefert einen Milliardengewinn ab und stimmt den Konzern auf schwierige Zeiten ein

Berlin - Es war der Tag seines Rückzugs. Aber vorher hat Hartmut Mehdorn nach fast zehn Jahren an der Spitze der Bahn zum letzten Mal Geschäftszahlen vorgelegt – und die sind durchwachsen: Zwar hat der Staatskonzern im vergangenen Jahr unterm Strich einen Gewinn von 1,3 Milliarden Euro erzielt, doch ist das fast ein Viertel weniger als ein Jahr zuvor. Und die Lage wird nicht besser: Der scheidende Vorstandsvorsitzende berichtete am Montag über „gravierende Auftragseinbrüche“ und konstatierte: „Uns bläst in diesen Tagen ein eisiger Wind ins Gesicht, von dem wir nicht wissen, ob er sich nicht zu einem Orkan auswächst.“

Eine Prognose für das laufende Jahr wagte der Konzern daher nicht. Im Geschäftsbericht warnt die Bahn vor jahrelangen Auswirkungen der Krise auf die Ertragslage. Auch Mehdorn sprach von einer langfristigen Schwäche. „Wir befinden uns derzeit am Beginn einer schweren, weltweiten Wirtschaftskrise, die auch für die DB AG und ihre Mitarbeiter gravierende Auswirkungen haben wird.“ Obwohl die Planzahlen für 2008 verfehlt wurden, sprach Mehdorn von einem „guten Ergebnis“: Der Gewinn vor Steuern und Zinsen stieg um 4,8 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro, der Umsatz um 3,7 Prozent auf 33,5 Milliarden Euro.

Die Krise schlägt sich bei der Logistik- Sparte Schenker und beim Güterverkehr nieder. Vor allem im letzten Quartal gingen die Umsätze stark zurück. Das gleichen der Regionalverkehr und vor allem der Fernverkehr zum Teil aus. „Noch nie sind in Deutschland so viele Menschen mit der Bahn gereist wie heute“, sagte Mehdorn. Die Zahl der Fahrgäste stieg um 4,6 Prozent auf 1,9 Milliarden.

Nach Mehdorns Angaben sind betriebsbedingte Kündigungen nicht geplant, wird aber die Kurzarbeit absehbar ausgeweitet: von derzeit rund 5000 auf 7500 bis 8000 Beschäftigte des Güterverkehrs. Er sicherte den Mitarbeitern der Bahn zu, dass sie mit 400 Euro pro Person am Gewinn beteiligt werden, auch wenn das Ergebnis die in einer Betriebsvereinbarung festgelegte Schwelle knapp verfehlt. Die Bezüge des Vorstands gingen um mehr als die Hälfte auf 8,5 Millionen Euro zurück. Mehdorn verdiente mit knapp zwei Millionen Euro rund ein Drittel weniger als 2007. Der Gewinn des vergangenen Jahres bleibe im Unternehmen, erklärte die Bahn. Für den Bund als Eigentümer hatte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) bereits erklärt, es solle einen Gewinnvortrag geben, er erwarte aber im Falle schwarzer Zahlen für 2010 eine Ausschüttung.

Nach Mehdorns Einschätzung ist der Konzern nach wie vor bereit für einen Börsengang, auch wenn der wegen der Finanzkrise unrealistisch sei. Dennoch gibt es in der SPD weiter politischen Streit um diese Frage. Die Äußerungen von Kanzlerkandidat Frank- Walter Steinmeier zum Verzicht auf die Teilprivatisierung gehen etlichen Mitgliedern der SPD-Führung nicht weit genug.

Bei der Sitzung des SPD-Vorstands am Montag im Willy-Brandt-Haus wurde Steinmeier nach Teilnehmerangaben bedeutet, dass er mit einem Aufstand der Parteibasis rechnen müsse, sollte die SPD die Privatisierung in ihrem Wahlprogramm nicht unmissverständlich für die volle Wahlperiode ausschließen. Zuvor hatte sich Steinmeier im Vorstand eher vage geäußert. Auch bei der anschließenden Pressekonferenz mochte sich Steinmeier nicht auf ein Nein im Wahlprogramm festlegen. Die SPD-Gremien wollen den Entwurf Mitte April beschließen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte dagegen, sie hoffe, dass Mehdorns Kurs fortgesetzt werden könne, ohne allerdings die Privatisierung als sein wichtigstes Anliegen zu erwähnen. „Er hat das Unternehmen wirtschaftlich saniert“, sagte sie über den 66-Jährigen.

Die technischen Probleme mit ICE- Achsen der Bahn sind noch ungelöst. Die Hersteller der Züge machten keine verbindlichen Zusagen zu den erforderlichen Prüfintervallen, sagte Mehdorn. „Wir sind hierüber nach wie vor fassungslos und entsetzt.“ Die Ursache für den Bruch einer ICE-Achse im Juli 2008 in Köln sei weiterhin unklar. Vorerst gälten daher stark verkürzte Prüfintervalle. Voraussichtlich werde die Bahn aber zum Fahrplanwechsel im Juni zum normalen Angebot auf allen ICE-Linien zurückkehren können.

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