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Deutsche Bahn: Mit Überraschungen an die Börse

Den Börsengang vor Augen überraschte Bahnchef Mehdorn die Finanzwelt mit einem sehr guten Ergebnis. Damit will er auch die letzten Kritiker überzeugen. Aber es bleiben trotzdem noch viele kritische Punkte.

Frankfurt/Main - Bahnchef Hartmut Mehdorn hat Kurs genommen in Richtung Börse. Und der 44-Jährige weiß genau, was die Finanzwelt mag: positive Überraschungen. Was lag da näher, als die unerwartet guten Halbjahreszahlen statt am Firmensitz in Berlin gleich in Frankfurt am Main zu präsentieren, wo sich bei der Gelegenheit schon etwas Börsenluft schnuppern ließ. Doch statt sich für die Börsenreife und die noch höher gesteckten Ziele für das Gesamtjahr feiern zu lassen, sah sich der ehrgeizige Mehdorn mit unangenehmen Fragen konfrontiert.

Zahlreiche offene Fragen

Entsprechend schmallippig blieb Mehdorn bei vielen Punkten. Der Streit um möglicherweise zu viel gezahlte Zuschüssen des Bundes durch die falsche Zuordnung der Bahn-Immobilien sei ein "Sommerlochthema". Überhaupt sei die Kritik des Rechnungshofes "nicht nachzuvollziehen". Für Rückforderungen sehe er keinen Grund. Nebulös blieb der Bahn-Lenker auch bei der Frage nach Preiserhöhungen. Wenn die Energiepreise so weiter stiegen, müsse auch die Bahn ihre Ticketpreise anheben - dies stehe aber derzeit nicht auf der Tagesordnung, wandt er sich. Gänzlich unklar blieb, ob die Preise auch steigen müssen, wenn die Bundesregierung wie angekündigt deutlich kundenfreundlichere - und damit bahnschädliche - Entschädigungen für Verspätungen und Zugausfälle durchsetzt.

Und der Abbau des Schuldenbergs von 21 Milliarden Euro? Dies bleibe oberste Priorität, beteuerte Mehdorn. Allerdings kommt allein dieses Jahr noch eine Milliarde Euro hinzu. Und ungewiss bleibt auch, wo die angestrebte deutliche Zunahme der Passagierzahlen herkommen soll. Denn die gute Halbjahresbilanz profitierte auch davon, dass die Bahn während der Fußball-WM immerhin täglich bis zu 400.000 zusätzlichen Passagiere hatte. Mehdorn meinte zwar, angesichts von rund rund fünf Millionen Fahrgästen pro Tag seien die Fußball-Fans nicht so stark ins Gewicht gefallen. Doch machten die immerhin ein tägliches Plus von acht Prozent aus.

Mangelhafte Kommunikation

Der Auftritt in der Finanzmetropole bewies: Kommunikation ist nicht unbedingt Mehdorns Stärke. Das hat der bullige Manager mit der dünnen Stimme schon mehr als ein Mal bewiesen. Seine Kunden verprellte er vor gut drei Jahren mit einer völlig missglückten Preisreform. Aggressiv und trotzig bürstete er anfangs die Proteste derer ab, die für die Fahrkarten teures Geld bezahlen sollten. "Asche auf unser Haupt" - bis Mehdorn sich zu diesem Schuldeingeständnis durchrang, dauerte es lange. Damals galt der Bahnchef als angezählt. Doch dann verlängerte der Aufsichtsrat sein Mandat vorzeitig bis Ende 2008.

Vor rund zwei Jahren kam dann eine weitere Niederlage: Eine große Koalition aus Haushalts- und Verkehrspolitikern aller Parteien, Bahn-Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden zwang Mehdorn in Sachen Börsengang in die Knie. Er musste seinen bis dahin gültigen Zeitplan einer Teilprivatisierung noch vor der Sommerpause 2006 als unrealistisch begraben.

Mehdorn ist eine Kämpfernatur

Mitte November präsentierte Mehdorn zwar einen wirklichen Coup: Die milliardenschwere Übernahme des kalifornischen Logistikers Bax Global. Dadurch stieg die Deutsche Bahn zu einem weltweit führenden Transport- und Logistikunternehmen auf und macht Branchengrößen wie der Post-Tochter DHL/Exel weltweit Konkurrenz. Kurze Zeit später platzte jedoch der Einstieg bei den Betreibergesellschaften von Hamburger Hafen und Hochbahn. Der Kämpfernatur des Bahnchefs konnten all diese Rückschläge freilich nichts anhaben.

Mehdorn will den Börsengang noch während seiner Amtszeit durchboxen. Koste es, was es wolle. Der Kommandeur der Ehrenlegion und Vater dreier Kinder hat schließlich im Laufe seiner Karriere stets hartnäckig für seine Ziele gekämpft. Der 1942 geborene Fabrikantensohn begann seine Karriere in der Luftfahrtbranche. Als ihm dort der Chefsessel bei der DASA verwehrt blieb, wechselte er das Fach und brachte die Heidelberger Druckmaschinen AG erfolgreich an die Börse, bevor er 1999 zur Bahn gerufen wurde. (tso/AFP)

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