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Mehdorn

© dpa

Deutsche Bahn: Überwachung per Vertrag

Die Bahn und die Gewerkschaften hatten die E-Mail-Nutzung von Mitarbeitern beschränkt. Darauf beruft sich Hartmut Mehdorn jetzt und kämpft um seinen Posten.

Berlin - Hartmut Mehdorn sieht sich als Opfer einer politischen Intrige. „Offensichtlich haben einige das Ziel, den eingeschlagenen Kurs der DB zu torpedieren und damit einen politischen Linkskurs durchzusetzen“, behauptete der Bahn- Chef am Wochenende. Doch selbst wenn das so wäre: Die eigentliche Frage bleibt, ob die Bahn durch die E-Mail-Überwachung gegen Gesetze und Vereinbarungen mit den Gewerkschaften verstoßen hat – und was politisch daraus folgt.

Der Sonderermittler und Ex-Minister Gerhart Baum sieht das Fernmeldegeheimnis verletzt. Das wäre dann der Fall, wenn es den Bahn-Mitarbeitern gestattet gewesen wäre, das Internet für private Zwecke zu nutzen. Doch das war bis zum 19. Dezember 2007 nicht so. An diesem Tag schlossen die Bahn-Führung und der Konzernbetriebsrat eine Vereinbarung, die eine private Nutzung des Internets „in geringfügigem Umfang“ erlaubt. In der „Konzernvereinbarung zu Einsatz und Nutzung der Informationstechnologie im DB Konzern“, die dem Tagesspiegel vorliegt, kündigte die Bahn allerdings eine „Protokollierung und Kontrolle der dienstlichen und privaten Nutzung von Internet und E-Mail (...) durch den Systemadministrator“ an. Auf diese Vereinbarung stützt sich Mehdorn, wenn er die Kontrolle der E-Mails als „rechtlich zulässig“ beurteilt.

Als zu erfassende Daten sind in der Vereinbarung Datum, Uhrzeit, Absender- und Empfängeradressen, Betreffzeilen und Internetadressen genannt, außerdem durfte die Bahn verfolgen, ob eine Datei angehängt war oder heruntergeladen wurde. Zugleich verpflichtet sie sich aber dazu, „bei sämtlichen Aktivitäten des Arbeitgebers die gesetzlichen Regelungen das Datenschutzes und die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter“ zu beachten.

Als einen Zweck der Überwachung nennen die Vertragspartner „Auswertungen bei Verstößen/Missbrauchskontrolle“. Allerdings verpflichtete die Bahn sich auch, nur Stichproben vorzunehmen. Die Eisenbahner bekamen eine genaue Ansage, was sie zu unterlassen hätten. „Es ist verboten, Internet und E-Mail in einer Form zu nutzen, die geeignet ist, dem Ansehen des Unternehmens in der Öffentlichkeit zu schaden.“ Auch sei es untersagt, „Unternehmensdaten (...) oder sonstige Interna unberechtigt an Dritte weiterzugeben“. Sollte es Hinweise auf einen „schwerwiegenden Missbrauch“ geben, „können die (...) Verkehrsdaten (auch personenbezogen) herangezogen und ausgewertet werden. Als ultima ratio (...) ist dies auch für Inhaltsdaten zulässig.“

Eine besondere Klausel in dem Kontrakt gilt für Gewerkschaften und Betriebsräte. „Die Kommunikation von und mit den Interessenvertretungen ist (durch geeignete technische und/oder organisatorische Ausgestaltung) vor dem Zugriff und der Kontrolle des Arbeitgebers geschützt“, heißt es in Paragraf drei. Die Gewerkschaft Transnet mutmaßt, dass sich die Bahn an diese Klausel vielleicht nicht gehalten habe und damit gegen die Vereinbarung verstoßen hätte. „Wir halten es für nicht ausgeschlossen, dass auch der Datenverkehr unserer Leute überwacht wurde“, sagte ein Sprecher. Darauf deute die schiere Zahl der pro Tag überwachten E-Mails von rund 145 000 hin. Bis Ende Oktober 2008 wurde die elektronische Post bei der Bahn gefiltert. Es sei merkwürdig, dass die Bahn die Praxis gestoppt habe, obwohl es heute heiße, alles sei rechtmäßig verlaufen. Ein Bahn-Sprecher wollte dazu nichts sagen und verwies auf die Bilanzpressekonferenz am heutigen Montag.

Die Bahn hatte eingeräumt, zwei E-Mails der Lokführergewerkschaft GDL im Jahr 2007 gelöscht zu haben, nachdem es zu Serverproblemen gekommen sei. Während die Gewerkschaft dies als Gesetzesbruch einstuft, hält die Bahn es für rechtswidrig, dass die Gewerkschaft über das Bahn-System zu Streiks aufrufen wollte. Mehdorn weist alle Vorwürfe zurück. „Schon gar nicht haben wir illegal den Streik der Lokführer behindert. Dies ist die Stimmungsmache derer, die die Korruptionsbekämpfung des Unternehmens skandalisieren wollen“, sagte der Bahn-Chef der „Bild am Sonntag“.

Doch steht er mit diesem Urteil zunehmend allein da. Nach den Gewerkschaften, der SPD und der Opposition ist auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von ihm abgerückt. Und offenbar sucht die Bundesregierung bereits nach einem Nachfolger für den 66-jährigen Manager, dessen Vertrag eigentlich noch zwei Jahre läuft. Carsten Brönstrup

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