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Wirtschaft: Deutsche Börse: An der Spitze fliegen die Fetzen

Der Chef der Deutsche Börse AG, Werner Seifert, sieht zur geplanten Fusion mit der Londoner Börse keine Alternative. Der beabsichtigte Aufbau der gemeinsamen Trägergesellschaft iX mit der London Stock Exchange (LSE) sei für Europas Börsenlandschaft "auf Jahre hinaus" das beste Konzept.

Der Chef der Deutsche Börse AG, Werner Seifert, sieht zur geplanten Fusion mit der Londoner Börse keine Alternative. Der beabsichtigte Aufbau der gemeinsamen Trägergesellschaft iX mit der London Stock Exchange (LSE) sei für Europas Börsenlandschaft "auf Jahre hinaus" das beste Konzept. Dies sagte Seifert am Dienstag in Frankfurt auf einer Podiumsdiskussion zur geplanten Superbörse iX. Das überraschende feindliche Übernahmeangebot des schwedischen Börsenbetreibers OM-Gruppen an die LSE wollte er nicht näher kommentieren. Seifert betonte jedoch, dass der Fusionsvertrag mit London ein solches mögliches Störfeuer "vorgesehen" habe und "Optionen" einräume. Die Deutsche Börse wolle aber unbedingt an dem Projekt iX festhalten.

Seifert unterstrich erneut, dass der Finanzplatz Frankfurt von einem Zusammenschluss mit der LSE profitiere. Rund 80 Prozent aller Börsengänge in Europa sollten den Planungen zufolge künftig am Frankfurter Neuen Markt angesiedelt werden. Anleger und Emittenten könnten durch die Fusion außerdem mit geringeren Kosten rechnen, betonte Seifert.

Unterdessen gerät Seifert wegen seines Verhaltens im Fusionsgerangel zwischen der Deutsche Börse AG (DBAG) und der London Stock Exchange (LSE) jedoch immer mehr ins Kreuzfeuer der Kritik. Jetzt ziehen auch engste Mitarbeiter Konsequenzen: Jörg Franke, Vorstandsvorsitzender der von der DBAG und der Zürcher Börse getragenen Terminbörse Eurex, nimmt seinen Hut. In Frankfurt gilt als sicher, dass für diese Entscheidung die Differenzen mit Seifert ausschlaggebend sind.

Mittlerweile bezweifeln Beobachter in Frankfurt, aber auch Mitglieder des Aufsichtrates, dass Seifert noch der richtige Mann für die geplante Fusion ist. Durch seine restriktive Informationspolitik und durch sein undiplomatisches Verhalten gegenüber Kritikern gefährde er den Erfolg der Fusionspläne. Längst wird am Main nicht mehr ausgeschlossen, dass auch Seifert frühzeitig gehen muss. Mit Franke, dessen Vertrag noch bis Ende 2001 läuft, verliert die Deutsche Börse AG vermutlich zum Jahresende einen der Manager, der in den vergangenen Jahren ganz entscheidend zum Erfolg des Unternehmens beigetragen hat. Der 59jährige Franke, seit 1988 in Diensten der DBAG, hat die Deutsche Terminbörse und später die gemeinsame deutsch-schweizerische Terminbörse Eurex aufgebaut. Sie hat sich mittlerweile zur größten Terminbörse der Welt entwickelt.

Ein Sprecher der DBAG wollte die Demission des Eurex-Chefs offiziell nicht bestätigen. Inoffiziell hieß es aber, es stimme. Es sei aber "völliger Blödsinn", dass es Differenzen zwischen den Franke und Seifert gebe. In Frankfurt schenkt aber kaum ein Beobachter diesen Aussagen Glauben. "Frankes Abgang kommt völlig überraschend", sagte Fiedel Helmer, Börsenchef des Privatbankhauses Hauck & Aufhäuser. "Seifert ekelt der Reihe nach alle Leute raus", so ein Insider. "Er wird immer undiplomatischer und macht einen Alleingang nach dem anderen." Seifert sei ein "Holzkopf", der keine Götter neben sich dulde.

Auch aus dem Aufsichtsrat nimmt die Kritik an Seifert, der seit 1993 an der Spitze der DBAG steht, wegen seines undiplomatischen Verhaltens und seiner restriktiven Informationspolitik zu. Dies gilt auch für den Börsenrat, einem zweiten wichtigen Gremium der Frankfurter Börse. Erst am 11. September, drei Tage vor der Hauptversammlung der DBAG, auf der Seifert trotz der Verschiebung des Aktionärstreffens in London die Zustimmung für die Fusion einholen will, will Seifert den Börsenrat persönlich informieren.

In Börsenkreisen wird angesichts der heftigen Kritik längst nicht mehr ausgeschlossen, dass der gebürtige Schweizer frühzeitig gehen muss. "Seiferts Stuhl wackelt. Der Unmut wird immer größer. Es muss nur einer bei den Großbanken endlich den Mund aufmachen." Gerade für die Erarbeitung eines gemeinsamen Übernahmeangebots der Börsen in Frankfurt, Madrid und Mailand für London seien diplomatische Qualitäten gefragt.

ro

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