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Wirtschaft: Deutsche Börse unterliegt im Streit um Billig-Aktien

Im Streit um den Ausschluss von Billig-Aktien vom Neuen Markt hat die Deutsche Börse eine Niederlage hinnehmen müssen. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat am Dienstag entschieden, dass die Börse die Regeln zum Rauswurf von Billig-Aktien ("Penny Stocks") bis auf Weiteres nicht anwenden darf.

Im Streit um den Ausschluss von Billig-Aktien vom Neuen Markt hat die Deutsche Börse eine Niederlage hinnehmen müssen. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat am Dienstag entschieden, dass die Börse die Regeln zum Rauswurf von Billig-Aktien ("Penny Stocks") bis auf Weiteres nicht anwenden darf. Zunächst müsse das Hauptverfahren abgewartet werden. Es seien keine ausreichenden Gründe für eine Beendigung der Zulassung der sechs klagenden Unternehmen zum Neuen Markt dargelegt worden, erklärte das Gericht (Aktenzeichen: 5 U 278/01).

Die Deutsche Börse kritisierte das Urteil: Das Gericht bewerte die Interessen einzelner Firmen höher als das Interesse des Kapitalmarktes, nicht erfolgreiche Unternehmen auszuschließen. Trotzdem werde man die Regeln zunächst für alle Unternehmen aussetzen. Im Oktober 2001 hatte sie eine neue Vorschrift erlassen, wonach Unternehmen mit einem Aktienkurs von weniger als einem Euro und einer Marktkapitalisierung unter 20 Millionen Euro nach einer Frist vom Markt ausgeschlossen werden.

Die Skandale am Neuen Markt und die dauerhaft schlechte Stimmung an der Börse bereiten auch dem Deutschen Aktieninstitut (DAI) Sorge. "Wenn die Akzeptanz der Aktie in Misstrauen umschlagen würde, wäre dies fatal für die großen Zukunftsthemen Altersvorsorge und Eigenkapitalausstattung der Wirtschaft", sagte DAI-Präsident Max Dietrich Kley, am Dienstag. Kley, im Hauptberuf Finanzchef der BASF, begrüßte deshalb die geplante Stärkung der Finanz- und Börsenaufsicht. Das DAI fordert zudem spezielle Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften, die Verstöße an der Börse verfolgen sollen. Auch die Emittenten sollten durch größere Transparenz für Vertrauen werben.

DAI-Geschäftsführer Rüdiger von Rosen begrüßt zwar die Bemühungen der Börse um verbesserte Regeln. Er zeigte aber Verständnis für das Urteil des Oberlandesgerichtes. Denn die Börse dürfe nicht eigenmächtig handeln. Regeländerungen sollten künftig erst nach Absprache mit den an der Börse notierten Firmen eingeführt werden.

Generell sind Regelverschärfungen nach Ansicht von Rosen unausweichlich. "Wir müssen dringend verhindern, dass ein vollkommen falsches Bild der Kapitalmärkte als Selbstbedienungsladen für raffgierige und kriminelle Unternehmer und skrupellose Finanzdienstleister entsteht", sagt er.

Praktisch keine Neuemissionen

Nach Erkenntnissen des DAI haben sich viele Anleger bereits von der Börse abgewendet. Im zweiten Halbjahr 2001 sei die Zahl der Direktaktionäre wieder gesunken. Auch die Firmen und die sie betreuenden Banken kehren der Börse den Rücken: Neuemissionen gibt es derzeit praktisch nicht. Auch dies sei höchst beunruhigend, sagte von Rosen, weil damit der so wichtige Zugang von Unternehmen zum Kapitalmarkt abgeschnitten werde. Für die deutschen Börsen ist die Situation nach Ansicht von Rosen um so schwieriger, weil auch der US-Kapitalmarkt seit der Enron-Pleite kaum noch Rückendeckung bietet.

Auch bei der Riester-Rente, die der Börse und auch der Aktie neuen Rückenwind verschaffen soll, sieht das DAI Verbesserungs- und vor allem Vereinfachungsbedarf. "Der schleppende Absatz zeigt, dass die derzeitige Form für Otto-Normalverbraucher, aber auch für viele Anlageberater, nicht zu verstehen ist", sagte DAI-Präsident Kley.

ro

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