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Wirtschaft: Deutsche Firmen fürchten Handelskrieg

Bush-Regierung könnte mit Nadelstichen große Wirkungen erzielen – und deutsche Produkte brandmarken

Berlin (alf/brö/fo). Die deutsche Export Wirtschaft fürchtet „verheerende Folgen“, wenn die USA wegen der Haltung Deutschlands und Frankreichs im Irak-Konflikt ihre Drohungen wahr machen und Handelssanktionen verhängen. Die Bush-Administration, heißt es unter Experten, müsse nicht einmal radikale Importstopps verhängen. Schon die Verschärfung von Im- und Exportbestimmungen oder die restriktive Auslegung bestehender Vorschriften könnten den Handel erheblich stören. Bereits jetzt seien Auswirkungen auf das Geschäft zu spüren, heißt es.

Drohende Handelssanktionen (siehe Lexikon Seite 17) der USA oder neue Hürden für den Warenaustausch werden bei Verbänden und Unternehmen „sehr ernst genommen“. Sollte sich der politische Streit zuspitzen, „kann das unkalkulierbare Folgen haben“, heißt es etwa beim Spezialglashersteller Schott. Und ein Carl-Zeiss-Sprecher warnt vor den „verheerenden Folgen von Sanktionen“. Noch haben die Firmen zwar keine konkreten Hinweise darauf, dass die zerrütteten politischen Beziehungen sich auf das Geschäft auswirken. Doch der „Einfallsreichtum der Amerikaner“, um europäische Unternehmen zu behindern, könne nicht groß genug eingeschätzt werden. Jüngste Vorstöße einiger Kongressabgeordneter, mit Ochsenblut gefärbten französischen Rotwein besonders zu brandmarken, seien nur ein Anfang.

Alexander Böhmer, Außenhandelsexperte des BDI, glaubt nicht einmal, dass die Bush-Regierung plakative Sanktionen gegen Europa ergreifen wird. Die riskiere keinen Ärger mit der Welthandelsorganisation WTO. „Die werden das ganz elegant machen“, sagte Böhmer dem Tagesspiegel. Die Administration werde an empfindlichen Stellen in die Import- oder Exportgeschäfte eingreifen und müsse nur kleine Stellschrauben drehen, um große Wirkungen zu erzielen. So könnten deutsche Produkte für Drittländer, in die Zulieferteile aus den USA eingebaut sind, ganz leicht behindert werden, in dem die übliche Genehmigungsprozedur durch die US-Behörden wesentlich restriktiver gehandhabt werde. Dies gilt vor allem für so genannte Dual-use-Produkte, Kameras oder Labortechnik etwa, die sowohl privat wie auch militärisch genutzt werden können.

Maßnahmen nach dem Motto „kleine Ursache – große Wirkung“ erwartet auch der Exportexperte bei Schott. „Wir nehmen die ersten Hinweise sehr ernst“, sagt Jürgen Böer. Nach seiner Einschätzung könnten auch Importzölle auf wenige Zulieferteile die konzerninternen Lieferketten „erheblich stören“. Deutsche Unternehmen mit eigener Fertigung in den USA hätten jetzt einen großen Vorteil, sagt Böer. Wer „Made in USA“ auf seinen Produkten stehen habe, werde eher als amerikanische Firma akzeptiert. Darauf hatte gerade erst der Autohersteller BMW hingewiesen, der sich wegen seines Werks in South Carolina von drohenden Handelssanktionen nicht betroffen sieht.

Auch der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, äußerte sich besorgt über die Entwicklung. „Dass amerikanische Käufer irgendwann emotional handeln – dafür wird schon gesorgt“, sagte Kannegiesser in Berlin. Davon würden Konsumgüter stärker betroffen sein als Investitonsgüter, bei deren Anschaffung „es rationaler zugeht“. Der Streit zwischen Europa und den USA beeinflusse das Investitionsverhalten schon heute, weil die Unternehmen „keine riskanten Projekte anpacken“. Wenn sich der Konflikt zuspitze, „dann braucht man plötzlich Liquidität, wenn der Absatz wegbricht“. Hoffentlich „versagen dann unsere Banken nicht“, sagte der Gesamtmetall-Präsident. Angesichts der Bankenkrise habe er „große Sorge, dass die das noch können“.

Von einem bereits eingetrübten Geschäftsklima mit US-Partnern berichtet der Präsident des Handelsverbandes BGA, Anton F. Börner. „Wir haben Sorge, dass die Stimmung kippt – sie verschlechtert sich täglich. Dann könnten deutsche Produkte ein Negativ-Image bekommen“, sagte Börner dieser Zeitung. Auch eine Behinderung der Wirtschaftsbeziehungen durch den Staat sei zu befürchten, erwartet Börner. „Da sind die Amerikaner nicht zimperlich.“ So könnten etwa halbstaatliche Pensionsfonds ihr Kapital aus deutschen Finanzmärkten abziehen.

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