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Wirtschaft: Deutsche meiden Griechenland Hoteliers schlagen Alarm: Miserable Buchungslage

Athen - Anastasios Tsouras mag die Deutschen. Kein Wunder: Sie sind seine besten Kunden.

Athen - Anastasios Tsouras mag die Deutschen. Kein Wunder: Sie sind seine besten Kunden. „70 Prozent unserer Gäste kommen aus Deutschland“, sagt Tsouras, der mit seiner Frau eine kleine Pension auf der Kykladeninsel Paros betreibt. Aber in diesem Jahr muss er versuchen, seine Betten mit Besuchern aus anderen Ländern zu füllen: „Sogar manche deutsche Stammkunden haben abgesagt“, berichtet der Wirt.

So geht es vielen Hoteliers in Griechenland. Vor allem seit der Parlamentswahl vom 6. Mai, die zu einem politischen Patt führte und erneute Parlamentswahlen am 17. Juni nötig machten, brechen die Buchungen dramatisch ein: „Wir haben in den vergangenen zehn Tagen eine halbe Million Gäste verloren“, sagt Andreas Andreadis, Präsident des griechischen Hotelierverbandes. Am Freitag wandte sich der griechische Reisebüroverband (Hatta) mit einem dramatischen Appell an die Vorsitzenden der politischen Parteien: Sie müssten alles unternehmen, um das chaotische Bild Griechenlands im Ausland zu korrigieren und das erschütterte Vertrauen zurückzugewinnen. Manche ausländische Reiseveranstalter hätten bereits ihre Zahlungen an die griechischen Geschäftspartner eingestellt, in der Erwartung, das Land werde zur Drachme zurückkehren.

Legte der Hellas-Tourismus 2011 trotz Krise noch um zehn Prozent zu, rutscht die Branche in diesem Jahr tief in die Rezession. Zeitungsberichte über Streiks und Fernsehbilder von Ausschreitungen schrecken selbst Griechenland-Fans ab. Hinzu kommen jetzt die wachsende politische Ungewissheit angesichts der bevorstehenden Parlamentswahl und Spekulationen über eine Staatspleite. Seit der Wahl vom 6. Mai brachen die Buchungen um 50 Prozent ein. Selbst wenn sich der Rückgang unter dem Strich auf ein Minus von zehn Prozent einpendeln sollte, bedeute das einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 1,5 Prozentpunkten und den Verlust von 100 000 Arbeitsplätzen, warnt Verbandschef Andreadis.

Der Fremdenverkehr steuert etwa 15 Prozent zur gesamten Wirtschaftsleistung bei und steht für fast jeden fünften Arbeitsplatz. 2011 kamen 16,5 Millionen ausländische Urlauber nach Griechenland – ein neuer Rekord. Die Hoteliers hatten mit Preissenkungen nachgeholfen, profitierten aber auch von den Unruhen in Nordafrika. Mit 2,24 Millionen Besuchern stellten die Deutschen das größte Kontingent. Nach Schätzungen aus der Branche könnte die Zahl der deutschen Besucher in diesem Jahr um bis zu 30 Prozent zurückgehen. Doch auch auf anderen wichtigen Märkten wie in Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien liegen die Buchungen unter dem Vorjahresniveau. Zwar haben sich in diesem Jahr mehr Besucher aus Russland, der Ukraine, China, Israel und der Türkei in Hellas angesagt. Aber das gleicht die Einbußen nicht annähernd aus.

Auf der Kykladeninsel Naxos haben viele Hotels wegen der Flaute noch gar nicht aufgemacht. Von den Inseln Korfu und Kreta sowie vom Peloponnes melden Hoteliers Buchungsrückgänge von 50 Prozent. Auf der nordgriechischen Halbinsel Chalkidiki liegt das Minus bei 15 Prozent. Auf Paros und den meisten anderen Kykladeninseln rechnen die Hoteliers mit 20 bis 30 Prozent weniger Übernachtungen. Auch Pensionsbesitzer Tsouras blickt voller Sorgen in die Zukunft: „Vergangenes Jahr um diese Zeit war ich für Juli und August zu 80 Prozent gebucht“, erzählt der Gastwirt. „Jetzt ist die Hälfte der Zimmer noch frei.“ Gerd Höhler

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