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Wirtschaft: Deutsche Post: Die gelbe Welt wird bunter

"Liesel von der Post" ist für die Deutschen mehr als eine Angestellte des größten Logistikkonzerns, die Tag für Tag Briefe und Postkarten in Briefkästen legt. Seit Generationen stehen sie und ihre vielen tausend Kollegen mit den gelben Wägelchen für Zuverlässigkeit, Vertrauen und Tradition.

Von Antje Sirleschtov

"Liesel von der Post" ist für die Deutschen mehr als eine Angestellte des größten Logistikkonzerns, die Tag für Tag Briefe und Postkarten in Briefkästen legt. Seit Generationen stehen sie und ihre vielen tausend Kollegen mit den gelben Wägelchen für Zuverlässigkeit, Vertrauen und Tradition. Dass sie lange Zeit Beamte des Staates waren, galt für die meisten Menschen hierzulande allein deshalb als Selbstverständlichkeit. Nun bekommt die Liesel Konkurrenz.

Beinahe 900 kleine Unternehmen haben in den vergangenen Jahren bei der Bonner Regulierungsbehörde für Post- und Telekommunikation Lizenzen erhalten, die ihnen gestatten, solche Aufgaben zu übernehmen, die über viele Jahre hinweg der Deutschen Post vorbehalten waren. Noch beschränken sich die neuen Postilione auf sehr kleine, regional begrenzte Märkte. Sie verteilen beispielsweise die Post von Wohnngsbaugesellschaften oder tragen die Briefe von örtlichen Finanzämtern aus. In jedem Fall - so schreibt es ihre Lizenz vor - müssen sie schneller sein oder andere so genannte Mehrwerte erbringen als die Deutsche Post, der der Gesetzgeber noch bis 2007 das Monopol für die Beförderung von Briefen unter 200 Gramm Gewicht garantiert.

Am kommenden Dienstag soll nun zum ersten Mal in Deutschland ein Unternehmen gegründet werden, das so groß ist, dass es mit der gelben Post in einen wirklichen Wettbewerb treten kann. Acht Zeitungsverlage wollen gemeinsam ein flächendeckendes Netz zur Verteilung von Briefen aufbauen. Auf den ersten Blick fragt man sich, warum diese Idee nicht längst in die Tat umgesetzt wurde. Schließlich laufen seit jeher neben den Briefträgern der Post täglich auch die Zeitungsausträger an den meisten deutschen Briefkästen vorbei. Und warum sollten sie nicht ihren Kunden neben der Tageszeitung auch die Urlaubskarte von der Oma bringen?

Die Antwort ist schnell gefunden: Ähnlich wie bei Telefon oder Gas und Strom benötigen auch die Logistiker Netze zur Verteilung ihrer Produkte. Solche Netze zu errichten ist mit erheblichem finanziellen Aufwand verbunden. Die Briefe müssen ja schließlich nicht nur vom Briefkasten an der Ecke oder der Poststelle des absendenden Unternehmens abgeholt, sondern auch sortiert, in alle Himmelsrichtungen transportiert, dann neu sortiert und wieder in die Briefkästen der Adressaten verteilt werden. Nur für den, der rasch einen großen Kundenkreis hat, rechnet sich der Aufbau eines so kostspieligen Netzes.

Die Deutsche Post hat in den vergangenen Jahren allein vier Milliarden Mark investiert, um die Sortierung zu automatisieren. Zieht man darüberhinaus in Betracht, dass die Personalkosten in einem solchen Netz gewaltig sind, nimmt es nicht Wunder, dass es bisher kaum Wettbewerb im Briefgeschäft gab. Ob es den Zeitungsverlagen vereint gelingen wird, ein solches Briefverteilnetz zu Konditionen zu errichten, die am Ende effizent sind, wird sich zeigen.

Eines haben allerdings die schon jetzt im Briefgeschäft tätigen Unternehmen gezeigt: Der Transport von solch sensiblen Waren wie Briefen ist grundsätzlich kein Markt, der einem einzigen Unternehmen oder gar einer staatlichen Behörde vorbehalten bleiben muss. Denn Vertrauen und Zuverlässigkeit sind Grundbedingungen für jeden Marktteilnehmer im Wettbewerb, um Kunden zu akquirieren und sie dann auch zu behalten.

Niemand wird lange Kunde eines Zeitungsverlages sein, wenn er nicht täglich zum Frühstück seine Zeitung erhält und keiner wird seine Briefe Postilionen anvertrauen, wenn sie den Adressaten nicht erreichen. Die "Liesel von der Post" wird auch für die nächste Generation eine Vertrauensperson sein. Nur ihr Wägelchen, dass wird wohl seine Farbe wechseln.

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