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Wirtschaft: Deutsche rauchen immer mehr Schmuggelware

Industrie hält weitere Tabaksteuererhöhung für unsinnig – Finanzminister droht Einnahmeverlust

Berlin Angesichts des massiven Absatz- und Umsatzrückgangs beim Zigarettenverkauf hat die Industrie die Bundesregierung aufgefordert, die nächsten Stufen der Tabaksteuererhöhung auszusetzen. „Wir bitten die Bundesregierung dringend, ihre bisherige Politik zu überdenken“, sagte Gerrit de Bruin, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Cigarettenindustrie, am Donnerstag in Berlin. Die bisherige Erhöhung habe weder Mehreinnahmen bei der Steuer gebracht, noch eine Verringerung des Tabakkonsums bewirkt. Die Bundesregierung wies die Forderung zumindest für die nächste Steuererhöhung im Dezember zurück. „Die nächste Stufe kommt auf jeden Fall“, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums dieser Zeitung.

Die Bundesregierung will mit der dreistufigen Tabaksteuererhöhung um jeweils 1,2 Cent je Zigarette unter anderem versicherungsfremde Leistungen finanzieren, die seit der Gesundheitsreform nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt werden. Im März dieses Jahres trat die erste Stufe in Kraft, weitere sollen am 1. Dezember und am 1. September 2005 folgen. Für 2004 erwartet Bundesfinanzminister Hans Eichel Mehreinnahmen von rund einer Milliarde Euro im Vergleich zum Vorjahr.

Doch die Rechnung geht voraussichtlich nicht auf. Nach Angaben der Hersteller ist der Zigarettenabsatz nach der letzten Erhöhung im März um rund 20 Prozent gesunken. Das liegt nach Angaben de Bruins aber nicht daran, dass die Deutschen weniger rauchen, sondern dass sie ihren Bedarf entweder im billigeren EU-Ausland decken oder auf Schmuggelware ausweichen. Nach Verbandsangaben sind bereits zehn Prozent der in Deutschland gerauchten Zigaretten nicht hier versteuert, in den neuen Bundesländern liege der Anteil sogar bei 20 Prozent. Dadurch drohen dem Finanzministerium hohe Steuerausfälle. Die genaue Höhe will das Ministerium erst mit der Steuerschätzung im November bekanntgeben. Die Zigarettenindustrie prognostiziert Mindereinnahmen „im dreistelligen Millionenbereich“.

Diese Tendenz könnte sich mit den nächsten Steuererhöhungen fortsetzen, befürchtet Rüdiger Parsche vom Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung. „Jede weitere Steuerhöhung führt zu weiteren Steuerausfällen“, sagt er. Der Schmuggel werde dramatisch zunehmen.pet

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