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Wirtschaft: Deutsche Shell AG: Mineralölkonzern leidet unter niedrigem Benzinpreis

Oswald Brockerhoff ist ratlos. Eine Strategie zur Beendigung des Preiskriegs an den deutschen Tankstellen hat er nicht.

Oswald Brockerhoff ist ratlos. Eine Strategie zur Beendigung des Preiskriegs an den deutschen Tankstellen hat er nicht. "Wir können die Situation nicht aus eigener Kraft verbessern", kommentiert der Direktor des Tankstellengeschäfts der Deutsche Shell AG, Hamburg, auf der Bilanzpressekonferenz am Dienstag. Um 15 Pfennig je Liter müssten die Tankstellenpreise über dem gegenwärtigen Niveau liegen, damit die Branche auskömmliche Margen erzielt, rechnet Brockerhoff vor. Doch dies sei gegenwärtig nicht realistisch. Halte das Szenario auf Dauer an, werde Shell Tankstellen schließen müssen. In diesem Jahr jedoch soll das Netz gehalten werden. Brockerhoffs rechnet daher damit, dass die Mineralölbranche im Tankstellengeschäft 2000 weiter hohe Verluste schreiben wird.

Für die Deutsche Shell lassen sich diese Verluste in den ersten fünf Monaten des Jahres auf 60 Millionen Mark beziffern. Dahinter steht, dass Shell von Januar mit Mitte März im Tankstellengeschäft knapp an der Null-Linie gearbeitet hat. Ab Mitte März schlitterte das Unternehmen tief in die roten Zahlen, allein der Mai brachte 30 Millionen Mark Minus. Auslöser war, nach Meinung Brockerhoffs, die vom Wettbewerber DEA am 13. März präsentierte Rabattkarte.

"Die Folgen sind verheerend", sagte Brockerhoff. "Die Ölwirtschaft insgesamt hat seit dem von DEA angezettelten Krieg rund eine Milliarde Mark verloren." Vehement wies der Tankstellenchef die DEA-Argumentation zurück, andere Mineralölgesellschaften schöben die Rabattkarte nur vor, um den Mittelstand anzugreifen. Als Bestandsrecht und Margengarantie möchte Brockerhoff dies aber nicht verstanden wissen: Die freien Tankstellen und die Supermarkt-Stationen, also die Unterpreis-Tankstellen, hätten unter dem Eindruck auskömmlicher Margen bis 1997 - anders als die Marken - so gut wie keine Strukturbereinigung betrieben. Dadurch seien heute unwirtschaftliche Überkapazitäten entstanden. Um diese Überkapazitäten zu verteidigen, legten sich die kleineren Marktteilnehmer preislich unter die Marken.

Die Misere an den Tankstellen bedeutet aber nicht, dass es Shell insgesamt schlecht geht. Die Erlöse im ersten Quartal lagen leicht über der Vorjahresvergleichszeit, sagte Shell-Vorstandsvorsitzender Pieter Berkhout. 1999 hat das Unternehmen bei 25,2 Milliarden Mark Bruttoumsatz einen Überschuss von 684,4 Millionen Mark erwirtschaftet. Der Rückgang um 285,9 Millionen Mark gegenüber 1998 erklärt sich aus der 1998 vorgenommenen Auflösung von Rückstellungen für zuviel gefördertes Erdgas. Im Ölgeschäft rutschte das betriebliche Ergebnis vor Steuern von plus 81 Millionen Mark auf minus 99 Millionen Mark. Demgegenüber erbrachte das Erdgas ein Vorsteuerergebnis von 557 Millionen Mark, sechs Millionen Mark mehr als 1998. Die Chemie schnitt mit 85 Millionen Mark um 22 Millionen Mark schlechter ab als im Vorjahr.

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