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Wirtschaft: Deutsche Telekom ist wieder auf Einkaufstour

Konzern übernimmt zwei Mobilfunknetze in den USA für 2,1 Milliarden Euro, um die Marktposition zu verteidigen

Berlin – Die Deutsche Telekom kauft erstmals seit drei Jahren wieder in großem Stil ein. Für 2,5 Milliarden Dollar (2,1 Milliarden Euro) übernimmt das Unternehmen die Handynetze des US-Mobilfunkunternehmens Cingular Wireless in Kalifornien und dem angrenzenden Bundesstaat Nevada. Damit will die Telekom die Marktposition ihrer Tochter T-Mobile USA „in einer wichtigen Wachstumsregion der USA“ stärken, sagte Vorstandschef Kai-Uwe Ricke.

Das Unternehmen hatte zuletzt vor allem den Abbau der Verschuldung vorangetrieben und auf Zukäufe verzichtet. „Wir gehen davon aus, dass sich die Transaktion nicht negativ auf das Schuldnerprofil der Deutschen Telekom auswirken wird“, sagte Finanzchef Karl-Gerhard Eick am Dienstag. Das Engagement in den USA war ein Grund für die ehemals extrem hohe Verschuldung der Telekom gewesen.

Im Jahr 2001 hatte der Konzern 39,4 Milliarden Euro – davon 29,5 Milliarden Euro in eigenen Aktien, den Rest in bar – für die US-Mobilfunkfirmen Voicestream und Powertel bezahlt. Inzwischen firmieren die Unternehmen unter T-Mobile USA. Der damalige Telekom-Chef Ron Sommer war für diese Akquisition heftig kritisiert worden: Er habe zu viel Geld ausgegeben und völlig überzogene Erwartungen an die Entwicklung des Unternehmens. Damals war Voicestream auf dem US-Mobilfunkmarkt mit großem Abstand nur die Nummer sechs. Ende 2001 wies die Telekom Nettofinanzverbindlichkeiten von 62,8 Milliarden Euro aus.

Die hohe Verschuldung und das teure Engagement in den USA gehörten zu den Hauptgründen, warum Sommer 2002 seinen Posten räumen musste. Die Telekom schloss das Jahr mit einem Rekordverlust von 25 Milliarden Euro ab – davon gingen mehr als 20 Milliarden Euro auf das Konto von Sonderabschreibungen auf die Zukäufe in den USA. Dennoch wies auch Sommers Nachfolger Ricke Forderungen nach einem Verkauf der umstrittenen US-Mobilfunktochter immer wieder zurück. Inzwischen hat die Telekom ihre Nettofinanzverbindlichkeiten auf 44,6 Milliarden Euro reduziert.

Tatsächlich hat sich T-Mobile USA besser entwickelt als von vielen Experten erwartet. Im ersten Quartal 2004 hat das Unternehmen 1,2 Millionen neue Kunden gewonnen, mehr schaffte nur der Marktführer Verizon Wireless. Dennoch ist der Abstand noch groß: Voicestream hat jetzt rund 14,5 Millionen Kunden, Verizon 39 Millionen. Etwa 30 Millionen Kunden muss ein Mobilfunkanbieter in den USA langfristig haben, um profitabel arbeiten zu können, sagen Analysten.

Das Engagement in den USA ist wichtig für die Telekom. Die größte Sparte, das Festnetzgeschäft im Inland schrumpft. Die Mobilfunksparte ist der Wachstumstreiber im Konzern. Die stärksten Zuwächse kommen dabei aus den USA. Hier besitzen erst 55 Prozent der Bevölkerung ein Handy, in Europa sind es fast 80 Prozent. Mittlerweile arbeitet T-Mobile USA im operativen Geschäft profitabel, beim Ergebnis nach Steuern schreibt die US-Tochter aber immer noch rote Zahlen.

Nach Meinung vieler Experten hatte die Telekom kaum eine andere Wahl, als die Handynetze in Kalifornien und Nevada von Cingular zu erwerben. Bisher betrieb T-Mobile mit Cingular ein Joint Venture, wobei T-Mobile für seine Kunden das Cingular-Netz in Kalifornien und Nevada nutzen konnte. Inzwischen hat Cingular aber die Übernahme von AT&T Wireless beschlossen. Daher wird das Joint Venture zum Jahresbeginn 2005 aufgelöst – unter der Voraussetzung, dass die Kartellbehörden der AT&T- Übernahme durch Cingular zustimmen. Um das Geschäft im bevölkerungsreichen Kalifornien nicht zu verlieren, muss die Telekom das Netz nun kaufen. Die Kunden von Cingular werden das Netz aber zunächst weiter nutzen. Dafür erhält die Telekom in den kommenden vier Jahren mindestens 1,2 Milliarden Dollar Nutzungsentgelt.

Auch wenn viele Analysten den Kauf als unumgänglich erachten, halten einige den Kaufpreis von 2,5 Milliarden Dollar für zu hoch. „In Summe würde ich sagen: Ein notwendiges Übel, das wertmindernd wirkt, da zunächst keine Mark mehr Umsatz reinkommt“, sagte Frank Rothauge vom Bankhaus Sal. Oppenheim. SES-Research-Analyst Jochen Reichert sagte dagegen: „Der Preis ist keinesfalls zu hoch, da die Telekom nicht nur die Netze erwirbt, sondern zugleich auch einen Großhandelsvertrag über vier Jahre abschließt und der Neuaufbau eines Netzes teurer gekommen wäre.“

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