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Wirtschaft: Deutsche Unternehmen zahlen Höchststeuern

BERLIN (jtr/HB).Es ist fast ein Glaubenskrieg.

BERLIN (jtr/HB).Es ist fast ein Glaubenskrieg.Ein Glaubenskrieg um die Frage, wie schwer die Steuern auf deutschen Unternehmen lasten.Im internationalen Vergleich, klagt etwa Industrie-Präsident Hans-Olaf Henkel, rangiere Deutschland ganz oben - nur übertroffen von Italien und Japan.Die beiden Spitzenreiter verlangen von den Firmen in ihren Landesgrenzen rund 60 Prozent der einbehaltenen Gewinne an Steuern.

Die deutschen Unternehmen müssen in diesem Jahr nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) 51,83 Prozent ihrer thesaurierten Gewinne an den Fiskus überweisen.Ein gewisser Fortschritt immerhin: Im vergangenen Jahr lag die Belastung noch bei 56,23 Prozent.

1997 ging es den Unternehmen in Deutschland nach IW-Zahlen fiskalisch noch deutlich schlechter als heute; die Marke von seinerzeit 60,4 Prozent ist gesunken, weil die Gewerbekapitalsteuer 1998 abgeschafft wurde und der Solidaritätszuschlag von 7,5 auf 5,5 Prozent zurückgenommen wurde.Ebenfalls eine Verbesserung in der jüngeren Vergangenheit: Seit 1997 wird die Vermögensteuer nicht mehr erhoben.

Diese strukturellen Verbesserungen sieht Henkel wohl, an der "miserablen deutschen Belastungssituation" im Vergleich mit wichtigen Konkurrenzländern habe sich aber nur wenig geändert.Wenn man den jüngsten Zahlen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG vertrauen darf, dann muß man Henkel recht geben.Die gesamte steuerliche Belastung von Körperschaften in Deutschland liegt zwar in diesem Jahr mit 52,3/43,6 Prozent (auf einbehaltene bzw.ausgeschüttete Gewinne) etwas günstiger als im Vorjahr, als einbehaltene Profite noch mit 56,7 Prozent besteuert wurden.Aber selbst mit den 1999er Werten ist Deutschland unter den OECD-Ländern spitze.Vergleichbar sind nur Japan mit einer Belastung von 48 Prozent und Kanada mit 44,6 Prozent.Henkels Negativbeispiel Italien läßt es mit 41,25 Prozent bewenden, Frankreich und die USA verlangen 40 Prozent.Deutlich zurückhaltender sind die Niederlande (35 Prozent), Österreich (34 Prozent), Dänemark (32 Prozent) und Großbritannien (31 Prozent).Zur Steuerlast auf der Insel muß man wissen, daß dieser Satz im April auf 30 Prozent sinken wird und nur für Großbetriebe gilt.Kleine Unternehmen zahlen dann 20 Prozent, mittlere etwas mehr, je nach Höhe des Gewinns.

Höchst attraktiv sind auch die Steuerstandorte Finnland, Norwegen, Schweden und Irland mit einer Steuerlast von 28 Prozent, die nur noch unterboten wird von der Schweiz mit 25,1 Prozent und Ungarn mit 18 Prozent.Das ehemalige "Volksheim Schweden" hat den Kraftakt vollbracht, seine Unternehmensteuerlast seit Ende der achtziger Jahre um mehr als die Hälfte zu senken.Diese Rankings der nominalen Steuerlast schob der frühere Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine immer mit dem Argument beiseite, die volkswirtschaftliche Steuerquote habe in Deutschland mit 22,5 Prozent ein Nachkriegstief erreicht und liege in keinem EU-Land niedriger.

Daß man nominale Steuersätze tatsächlich nicht zum Nennwert nehmen darf, liegt auf der Hand.Das zeigt auch der European Tax Analyzer des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW).Die Untersuchung ist wohl der anspruchsvollste Steuerlastvergleich in der deutschen Wissenschaft.Die ZEW-Ökonomen haben die Entwicklung einer identischen Kapitalgesellschaft in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und den USA seit 1995 simuliert.Bis 1998 ist die Belastung in Frankreich gestiegen, in Deutschland ist sie gesunken, ebenso wie in Großbritannien.

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