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Verbrannte Erde. Angela Merkel bei der Grundsteinlegung eines Catering-Zentrums am Flughafen von Luanda im Juli 2011. Das Projekt beschäftigt nun die Justiz.

© picture alliance / dpa

Exklusiv

Deutsche Wirtschaft in Afrika: Juristisches Nachspiel für Merkel-Spatenstich in Angola

Die Kanzlerin setzte 2011 den Spatenstich für einen Betrieb in Angola. 280 Jobs sollten geschaffen werden, 400 könnten anderswo verloren gehen. Der Fall rückt das Engagement deutscher Konzerne und deutscher Politik in Afrika in schlechtes Licht.

Der Spatenstich ist ein Ritual, mit dem Politiker dem Start eines Bauvorhabens einen würdevollen Rahmen geben – wohl auch in der Hoffnung, dass ein wenig von dem Glanz des Projektes später auf sie zurückstrahlen möge. In diesem Fall aber könnte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bereuen, dass sie selbst mit angepackt hat: Ein Projekt, das sie vergangenen Juli bei ihrem Staatsbesuch in Angola feierlich angestoßen hat, sorgt mittlerweile für heftigen Streit in dem südwestafrikanischen Land. Es geht um angeblichen Vertragsbruch, ausstehende Schulden in Millionenhöhe und den Verlust von bis zu 400 Arbeitsplätzen in der Hauptstadt Luanda.

Dieser Vorgang wirft grundsätzlich die Frage auf, inwieweit sich ranghöchste Vertreter der Bundesrepublik persönlich in private Unternehmungen einmischen sollten – und inwiefern privatwirtschaftliches Engagement deutscher Konzerne in so genannten Entwicklungsländern mitunter mehr Schaden als Nutzen bringt.

Am 13. Juli 2011 hatte Merkel aktiv an Grundsteinlegung zum Bau einer Halle am Flughafen in Luanda teilgenommen. Bauherr war und ist ein neu gegründetes Unternehmen mit dem kryptischen Namen „LSG Sky Chefs TAAG Angola S.A.“, benannt nach den größten Anteilseignern, der Lufthansa-Catering-Tochter LSG Sky Chefs und der staatlichen angolanischen Fluglinie TAAG. Der Bau wird derzeit fertig gestellt, die Rekrutierung von 280 benötigten Mitarbeitern habe begonnen, teilte die LSG-Zentrale in Neu-Isenburg nun mit. Diesen Sommer solle der Betrieb eröffnet werden.

„Die lokalen Partner vor Ort in Angola sind seinerzeit aktiv mit dem Wunsch an LSG Sky Chefs herangetreten, aufgrund der aufstrebenden Wirtschaft des Landes einen Cateringbetrieb mit internationalem Qualitätsniveau in Luanda zu etablieren“, begründet die Lufthansa-Tochter ihr Engagement. Die neue Firma soll nach Möglichkeit LAAG, Lufthansa, aber auch andere Airlines, die Luanda anfliegen, mit Bordmenüs beliefern.

Die vergangenen 15 Jahre bis heute hat diese Dienstleistung das angolanische Unternehmen Maboque geleistet, das einem Privatmann gehört. Er beschäftigt 940 Mitarbeiter, 400 im Catering-Geschäft für den Flughafen. Diese Jobs seien nun gefährdet, schrieb der Eigentümer Armindio César Sibingo Anfang März an die Sky-Chef-Zentrale nach Deutschland. In dem Schreiben, das dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt, heißt es: „Der gesunde Menschenverstand und die Logik lassen an der Rationalität der Entscheidung eines Unternehmens wie der TAAG zweifeln, sich zwei Catering-Produktionsstätten auf dem selben Flughafen zuzulegen, zumal sie sich in ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet“.

Der Maboque-Chef warnt die Deutschen davor, an dem Projekt festzuhalten. Ihr neuer Kooperationspartner, die angolanische TAAG-Fluglinie, habe mit ihm nämlich noch einen bis zum Jahr 2014 gültigen Vertrag und schulde ihm überdies noch 30 Millionen US-Dollar. Sein Unternehmen, schreibt der Geschäftsmann Sibingo weiter, sei praktisch zu einem Finanzierer der TAAG geworden, in dem er ihr Catering auf Kredit zur Verfügung stelle. Am Ende des dreiseitigen Schreibens teilte er den Deutschen mit, dass er bei Gericht der Provinz Luanda Klage eingereicht hat, um die Ungültigkeit des deutsch-angolanischen Vertrages feststellen zu lassen und so die Interessen von Maboque und den 400 Angolanern, die ihre Arbeitsplätze verlieren könnten, zu schützen.

Ob die Ansprüche berechtigt sind, wird also ein Gericht klären. Bei den LSG Sky Chefs Neu-Isenburg bestätigte man am Mittwoch den Eingang des Schreibens, wollte sich aber nicht zu den Vorwürfen im Detail äußern. Auch nicht zur Frage, ob es gängige Praxis ist, an irgendeinem Flughafen der Welt Jobs zu schaffen, die dann andernorts fast zwingend verloren gehen.

Ein Sprecher der Bundesregierung sagte, die Teilnahme der Bundeskanzlerin an der Grundsteinlegung habe unterstrichen, „dass eine gut funktionierende deutsch-angolanische Wirtschaftskooperation ein wichtiger Baustein für mehr Wohlstand für die angolanische Bevölkerung ist“. Auf die Frage, nach welchen Kriterien deutsche Behörden entscheiden, welche Kooperationen die Kanzlerin durch ihre Anwesenheit aufwertet, sagte der Sprecher: „Besuche der Bundeskanzlerin bei deutschen Unternehmungen im Ausland werden vom Bundeskanzleramt nach sorgfältiger Prüfung entsprechender Vorschläge vorbereitet“.

Das bezweifelt man zumindest beim Verein Deutsch-Angolanische Wirtschafts-Initiative (Dawi), dessen Vorstände auch bei der Grundsteinlegung in Luanda zugegen waren. „Wir hatten der Bundesregierung im Vorfeld der Kanzlerinreise Beratung angeboten. Aber das wurde nicht in Anspruch genommen“, sagte Geschäftsführer Rainer Dzösch.

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