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Wirtschaft: Deutscher Gasmarkt: Holst warnt vor Zusammenbruch

Der Vorstandsvorsitzende der Verbundnetz Gas AG (VNG), Klaus-Ewald Holst, hat vor zu großen Erwartungen an die Liberalisierung des deutschen Gasmarktes gewarnt. Die Unternehmen der Branche stünden bereits seit Jahren im Wettbewerb nicht nur zu den Anbietern anderer Energiequellen, wie dem Heizöl.

Der Vorstandsvorsitzende der Verbundnetz Gas AG (VNG), Klaus-Ewald Holst, hat vor zu großen Erwartungen an die Liberalisierung des deutschen Gasmarktes gewarnt. Die Unternehmen der Branche stünden bereits seit Jahren im Wettbewerb nicht nur zu den Anbietern anderer Energiequellen, wie dem Heizöl. Auch untereinander gebe es Wettbewerb um Kunden. Holst erinnerte im Gespräch mit dieser Zeitung daran, dass der Wettbewerb in Deutschland allein dadurch begrenzt werde, dass es nur eine geringe Zahl von Gaslieferanten gäbe, und die Exporteure in Russland und Norwegen nicht im Wettbewerb untereinander Gas lieferten. Kosteneinsparungen könnten deshalb allenfalls durch Rationalisierungen in den Unternehmen des deutschen Marktes entstehen. Da allein im vergangenen Jahr die Margen im deutschen Gasmarkt um knapp 30 Prozent gefallen seien, "ist das Einsparvolumen begrenzt", sagte Holst.

Auch mit Blick auf den Wettbewerb im Privatkundenbereich würden Hoffnungen geschürt, die nicht einzulösen seien. Die Wechselbereitschaft der Privatkunden werde sich in ähnlichen Dimensionen bewegen wie im Strommarkt, wo seit der Liberalisierung weniger als fünf Prozent der Haushalte ihren Anbieter gewechselt hat.

Holst warnte die Befürworter einer weitreichenden Liberalisierung davor, der Abschaffung der Preisbindung von Gas und Heizöl das Wort zu reden. Wenn diese internationale Vereinbarung aufgebrochen werde, bestehe die Gefahr, dass die Europäische Union dem Preisdiktat der Lieferanten von Gas in Russland und Algerien schutzlos ausgeliefert sei. Deutschland sei zu 80 Prozent vom Import des Gases aus diesen Ländern abhängig. "Der Markt wird langfristig zusammenbrechen", warnte Holst, wenn die Gaslieferanten die Preise ohne Anlehnung an den Heizölpreis diktieren könnten.

Bei den gerade unter großem politischen Druck abgeschlossenen Verhandlungen der Gaswirtschaft mit den Verbrauchern ist es nach Ansicht des VNG-Chefs zu einer zu einseitigen Fokussierung auf wenige Händler, die in Zukunft Gas verkaufen wollen, gekommen. Es sei fragwürdig, ob die Newcomer in die bestehende Infrastruktur investieren wollen. Holst warnte davor, dass die Netzinhaber, wenn es sich künftig nicht rentiere, in die bestehenden Leitungssysteme nicht mehr investieren würden. "Dann wird das unweigerlich negative Auswirkungen auf die Qualität der Netze haben." Er forderte die Bundesregierung auf, die Liberalisierung schrittweise umzusetzen und sich Zeit zu lassen, um Erfahrungen zu sammeln. "Die hundertprozentige Marktöffnung birgt ungekannte Sicherheitsrisiken." Wenn jetzt jeder Anbieter das Recht erhalte, sich Kunden zu suchen, dann steige auch das Risiko, dass ungeprüfte Gasqualitäten durch Rohrleitungen fließen und diese beschädigten. "Wer kommt dann für die Gasexplosionen auf?".

Die Leipziger Verbundnetz AG, einer von deutschlandweit sieben Ferngaslieferanten, will sich in den kommenden Monaten darauf konzentrieren, ihre rund 120 Kunden zu halten. Bevorzugte Märkte, die VNG in Zukunft erobern wolle, sieht Holst in Osteuropa, wo man bereits in Polen, Litauen und Tschechien tätig sei. Während nach Polen Gaslieferungen im Vordergrund stünden, sehe man in Tschechien Chancen, über Beteiligungen an Gasversorgern Markt zu generieren. In den angestammten Verbreitungsgebieten der Großaktionäre Ruhrgas (36,8 Prozent) und Wintershall (15,8 Prozent) plane VNG hingegen, keine Konkurrenzangebote abgeben.

Auch in diesem Jahr will der VNG-Chef seinen Kunden Preissenkungen anbieten, um Wettbewerbern zuvor zu kommen. Zur Finanzierung der Preissenkungen sollen rund 300 von 700 Mitarbeiter das Unternehmen verlassen, um in einer Instandhaltungsgesellschaft künftig kostengünstiger Dienstleistungen für das Gasnetz zu erbringen. VG will dadurch Kosten von jährlich zehn Millionen Mark einsparen.

asi

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