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Wirtschaft: Deutsches Defizit bereitet Brüssel Sorgen

Kommission sieht Schwierigkeiten für Berlin, den Stabilitätspakt 2004 einzuhalten / Schröder und Chirac fordern Flexibilität

Berlin (fw). Angesichts der Rekordschulden Deutschlands befürchtet die Europäische Kommission eine erneute Verletzung des Stabilitätspaktes im nächsten Jahr. „Die höhere Neuverschuldung wird es schwieriger machen für Berlin, 2004 nicht über den drei Prozent zu liegen“, sagte der Sprecher von Währungskommissar Pedro Solbes dem Tagesspiegel am Montag. Dazu, ob die Kommission dies akzeptieren würde, und ob sie Berlin neue verbindliche Empfehlungen zur Defizitsenkung vorschreiben werde, wollte sich der Sprecher noch nicht äußern. „Wir warten auf Nachrichten aus Berlin“.

Bundesfinanzminister Hans Eichel hatte am Wochenende erklärt, dass er in diesem Jahr mit etwa 42 Milliarden Euro so viel Geld aufnehmen muss wie kein bundesdeutscher Finanzminister vor ihm. Der Stabilitätspakt wird derzeit massiv von Deutschland und Frankreich kritisiert: Am Sonntag hatten Bundeskanzler Gerhard Schröder und der französische Präsident Jaques Chirac erneut eine flexible Auslegung des Paktes gefordert. Die strikte Einhaltung des Paktes dürfe nicht zu Lasten eines wirtschaftlichen Aufschwungs gehen, sagten die beiden Staatsoberhäupter nach einem Treffen.

Die gemeinsamen Regeln schreiben vor, dass die Neuverschuldung der Staaten in der Eurozone nicht über drei Prozent des Bruttoinlandproduktes steigt. Deutschland und Frankreich haben diese Regeln bereits zwei Jahre hintereinander verletzt. Während Finanzminister Hans Eichel bisher beteuerte, 2004 die Neuverschuldung unter die drei Prozent zu drücken, haben die Franzosen bereits vor mehreren Wochen zugegeben, dass sie dies im nächsten Jahr noch nicht schaffen werden. Gegenüber Frankreich zeigte sich Kommissar Pedro Solbes am Wochenende in einem Interview mit der französischen Tageszeitung „Le Monde“ jedenfalls flexibel: er werde sich in der Kommission dafür einsetzen, dass Paris erst 2005 die Regeln wieder einhalten müsse. Am 21. Oktober wird die Kommission Frankreich zum zweiten Mal verbindliche Vorschläge zur Defizitverringerung machen – ein Verfahren, das auch Berlin erneut drohen könnte, wenn der Pakt 2004 nicht respektiert wird.

Kleine Länder wehren sich

Allerdings zeigt sich die Kommission auch hier versöhnlich. „Die Vorgaben an Paris will die Kommission im Einvernehmen mit Frankreich erarbeiten“, sagte Jesus Carmona, Sprecher des Ministerrats, dem Tagesspiegel. Das würde heißen, dass sie nicht sehr streng ausfallen würden. Gegen die immer flexiblere Auslegung des Paktes wehren sich zunehmend die kleinen Mitgliedstaaten, die sich an die Vorgaben des MaastrichtVertrages halten. Wenn die Finanzminister Anfang November über die Vorgaben der Kommission entscheiden, wollen laut Carmona Österreich, Finnland und die Niederlande gegen zu milde Empfehlungen stimmen.

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