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Wirtschaft: Deutschland als Steueroase

BONN (sm/HB).Für viele Unternehmen macht es keinen Sinn, Gewinne aus steuerlichen Gründen ins Ausland zu verlagern - im Gegenteil.

BONN (sm/HB).Für viele Unternehmen macht es keinen Sinn, Gewinne aus steuerlichen Gründen ins Ausland zu verlagern - im Gegenteil.Aufgrund der Verrechnung mit Verlustvorträgen aus Vorjahren ist Deutschland für sie eine Steueroase.Zu dieser Erkenntnis kommt der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) nach einer Umfrage bei 3000 Unternehmen.

Planmäßige Gewinnverlagerungen ins "steuergünstige Ausland" finden nicht statt, erläuterte Alfons Kühn, Leiter der DIHT-Steuerabteilung, bei der Vorlage der Umfrageergebnisse in Bonn."Die Unternehmen mit großen Verlustvorträgen werden nirgendwo günstiger besteuert als hier.Unternehmen, die Gewinne mit Verlusten verrechnen können, zahlen keine Steuern", so Kühn.

Der Hauptgrund dafür, daß einige Unternehmen im Inland keine oder nur geringe Ertragsteuern zahlten, seien Verluste aus den Jahren 1995 und davor.Obwohl die Handelsbilanzen 1996 und danach gute Ergebnisse auswiesen und einige Kapitalgesellschaften hohe Gewinne ausgeschüttet hätten, habe Kühn zufolge der steuerliche Verlustvortrag nur zu marginalen Steuerzahlungen geführt.

Der Steuerexperte des DIHT nannte noch weitere Gründe für niedrige Steuerzahlungen von Unternehmen am Standort Deutschland.So hätten einige mittelständische Unternehmen angegeben, daß bei ihnen von 1992 bis 1995 hohe Verluste infolge von Beteiligungen an Unternehmen in den neuen Bundesländern zu verzeichnen gewesen seien.Diese hätten sich bis Mitte der 90er Jahre steuerlich voll ausgewirkt.In fast allen Fällen würden die Verluste aber zum Ende der 90er Jahre voll verrechnet sein.Andere Unternehmen hätten durch globale Umstrukturierungen in kurzer Zeit mehrere tausend Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut.Dies habe zu hohen Sozialplankosten, also hohen steuerlichen Verlusten, geführt.

Das mit 18 Mrd.DM vor allem 1995 niedrige Körperschaftssteuereinkommen erkläre sich zum Teil mit dem Ausschüttungsverhalten von großen publikumsorientierten Kapitalgesellschaften.Sie hätten inländische Gewinne oder versteuerte Gewinnrücklagen voll ausgeschüttet und dadurch nicht nur den höheren Thesaurierungssteuersatz vermieden, sondern Körperschaftsteuerguthaben beim Finanzamt "abgeräumt".

Lediglich ein Unternehmen habe angedeutet, daß es zur betriebswirtschaftlich begründeten Strategie gehöre, die Steuerlast zu optimieren, und in diesem Rahmen würden auch die Dispositionen unter Ausnutzung des internationalen Steuergefälles getroffen.

Einige ausländische Konzerne verkennen aber nach den Ermittlungen des DIHT die Vorteile des Steuerstandorts Deutschland.Einzelne ausländische Konzernmütter versuchten gegenüber ihren inländischen Tochterunternehmen über Fremdfinanzierung, Verrechnungspreisgestaltung und kräftige Lizenzgebühren die aus ihrer Sicht international überhöhte deutsche Besteuerung zu mindern, berichtete Kühn.Hauptgrund dafür sei, daß die Grenzsteuerbelastung mit 46 Prozent und mehr im Ausschüttungsfall in Deutschland ungleich höher sei als in den Konkurrenzländern.Die vergleichsweise günstige Steuerbemessungsgrundlage werde "von Ausländern überhaupt nicht registriert", so Kühn.

Er forderte daher, die Steuersätze drastisch zu senken.Die Verrechnungsmöglichkeiten von Verlusten aus dem operativen Geschäft müßten aber bleiben: "Der Staat muß in guten und in schlechten Zeiten ein fairer Partner der Unternehmen sein".

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