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Wirtschaft: Deutschland - ein Land von Aktionären?

Vieles im Umfeld der Börsen hat sich positiv verändert / Geld ist reichlich vorhandenVON DIRK BRENSSELL (Der Autor ist Niederlassungesleiter von Schröder Münchmeyer Hengst & Co in Berlin)Wer in der Vergangenheit insbesondere die angelsächsischen Märkte in Sachen Wertpapiere bereist hat, ist immer wieder mit einem Urteil konfrontiert worden: "Die Deutschen sind risikoscheu!" Wenn auch der Vergleich von Vermögensstrukturen im privaten wie auch institutionellen Bereich dieses Urteil immer zu bestätigen schien, so stellt sich nun die Frage ob die Tendenzen der vergangenen Jahre in Richtung Aktien nur ein prozyklisches "Bullmarktsymptom" darstellen, oder ob sich deutsche Vermögensstrukturen nachhaltig zu Gunsten von Aktien verändert haben und weiter verändern werden.

Vieles im Umfeld der Börsen hat sich positiv verändert / Geld ist reichlich vorhandenVON DIRK BRENSSELL (Der Autor ist Niederlassungesleiter von Schröder Münchmeyer Hengst & Co in Berlin)

Wer in der Vergangenheit insbesondere die angelsächsischen Märkte in Sachen Wertpapiere bereist hat, ist immer wieder mit einem Urteil konfrontiert worden: "Die Deutschen sind risikoscheu!" Wenn auch der Vergleich von Vermögensstrukturen im privaten wie auch institutionellen Bereich dieses Urteil immer zu bestätigen schien, so stellt sich nun die Frage ob die Tendenzen der vergangenen Jahre in Richtung Aktien nur ein prozyklisches "Bullmarktsymptom" darstellen, oder ob sich deutsche Vermögensstrukturen nachhaltig zu Gunsten von Aktien verändert haben und weiter verändern werden. Was waren die wesentlichen Bestimmungsfaktoren, die die Entwicklung in der Vergangenheit geprägt haben? Ein System der sozialen Überversorgung hat dem Einzelnen Verantwortung abgenommen und das Eingehen von Risiko unnötig gemacht.Lange Phasen hoher Realverzinsung, oft bestimmt durch restriktive Geldpolitik, haben festverzinsliche Papiere zu harten Wettbewerbern für Aktien gemacht zumal der Anleger hier seine Ertragsströme besser kalkulieren konnte.Der anhaltende inflationäre Trend bis zum Beginn der achtziger Jahre, sowie zahlreiche Steuervorteile haben darüber hinaus die Immobilie, des Deutschen liebstes Kind, in den Vordergrund vieler Anlageüberlegungen gestellt.Mit Immobilien konnte man vermeintlich kein Geld verlieren.Schlechte Erfahrungen aus der Vergangenheit haben für Rahmenbedingungen in Aktieninvestments gesorgt, die man beileibe nicht als liberal sondern eher als hinderlich bezeichnen muß.An steuerliche Förderung war gar nicht zu denken.Darüberhinaus gab es aufgrund guter Eigenkapitalversorgung in vielen Unternehmen keinen Grund für einen Börsengang, was den Pool der handelbaren Aktien lange sehr klein gehalten hat.Viele Branchen konnte man in Deutschland einfach nicht kaufen. Haben sich die vorgenannten Faktoren nun wirklich geändert, so daß man von einem Wandel in den Vermögensstrukturen sprechen kann? Das lange als beispielhaft gepriesene Sozialsystem steht kurz vor dem Kollaps und viele Bürger merken, daß sie selbst etwas tun müssen.Verschlechterte Marktbedingungen und reduzierte Steueranreize lassen viele hartnäckige Immobilienfans erstmals über alternative Anlageformen nachdenken.Der seit Beginn der achtziger Jahre anhaltend desinflationäre Trend hat uns zu Tiefstzinsniveaus verholfen, die Rentenanlagen immer weniger attraktiv machen.Die Rahmenbedingungen für Aktien selbst beginnen sich ebenfalls zu ändern.Das Angebot der liquide handelbaren Aktien hat sich qualitativ wie auch quantitativ erheblich verbessert.Deutschland hat wieder "stories".Durchsichtigere und modernere Marktregularien erhöhen die Attraktivität des Aktienmarktes. Shareholder-value, die Aussicht auf Aktienrückkaufprogramme, Großfusionen, Nominalwertreduzierungen und frei verwaltete Pensionsgelder sind nur einige neue, schlagkräftige Stichworte, die Kapital nicht nur aus Deutschland anziehen.Und Geld, das nach Anlage sucht, ist da! Das dieses alles übereuphorische Randerscheinungen, die mit Bewertung nichts mehr zu tun haben, mit sich bringt, ist der Preis der veränderten Kultur. Was also soll man dem Anleger raten, der angesichts der schwindelerregenden Marktentwicklung mit Recht ängstlich ist, wenig Erfahrung mit Aktien hat, und möglichst sein Kapitalrisiko überschaubar halten möchte? Langfristig waren Aktien immer die attraktivste Anlageform.Mit den zum positiven veränderten Rahmenbedingungen wird sich dieses wohl kaum ändern.Es gibt in den USA seit vielen Jahren den Begriff des "value- oder growth investors" der wahrscheinlich am besten die wesentlichen Kriterien zusammenfaßt und den Begriff konservativ auch für Aktieninvestments durchaus rechtfertigt.Welches sind diese Kriterien mit denen große Fondsmanager erfolgreich geworden sind: Mittelfristige Ausrichtung geht vor Tageskomik.Nachhaltig positive fundamentale Unternehmensdaten finden sich irgendwann im Preis wieder.Nur wer sich um den Markt von morgen kümmert wird auch übermorgen noch erfolgreich sein.Eine gute Aktiengesellschaft kümmert sich um ihre Aktionäre und muß nicht zur Kommunikation gezwungen werden. Wer sich die Kursentwicklungen im Langfrist-Rückblick ansieht, erhält wesentliche Hinweise für die Selektion.Er wird allerdings auf manch einen "hot shot" der Gegenwart verzichten müssen - letztlich zu seinem eigenen Schutz.

DIRK BRENSSELL (Der Autor ist Niederlassungesleit

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