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Wirtschaft: Deutschland fängt Europa auf Starke Wirtschaft stabilisiert den Währungsraum.

Lohnerhöhungen erlauben Deutschen mehr Konsum.

Berlin - „Die Rezession in Euroland ist vorerst abgesagt.“ So brachte die Dekabank am Dienstag die diffuse konjunkturelle Lage in der europäischen Währungsunion auf den Punkt. Weil sich die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal 2012 „unfassbar stark“ entwickelt habe, falle die Schwäche in den Schuldenstaaten Südeuropas nicht so stark ins Gewicht. Die Wirtschaftsleistung in den 17 Mitgliedsländern trat von Januar bis März unter dem Strich auf der Stelle.

„Sollte das starke erste Quartal in Deutschland kein Ausrutscher gewesen sein, stehen die Chancen gut, dass Euroland, zwar nur knapp, aber doch die Rezession vermeiden kann“, schrieben die Volkswirte der Dekabank, der Investmentbank der Sparkassen-Finanzgruppe. Allerdings nehme die „negative Sogkraft“ der Peripheriestaaten zu. Mit anderen Worten: Eine Garantie dafür, dass sich die deutsche Volkswirtschaft weiter abkoppeln kann und der Euroraum in diesem Jahr wächst, gibt es nicht.

So mochte sich die Börse am Dienstag auch nicht anstecken lassen von der unverhofft optimistischen Zwischenbilanz des ersten Quartals. Der Dax notierte zuletzt mit 0,8 Prozent im Minus bei 6401 Punkten. Gedrückt wurde die Stimmung vor allem aber von der erfolglosen Regierungsbildung in Griechenland. Und: Finanzexperten, die vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) befragt wurden, äußerten sich deutlich skeptischer als zuletzt über die Aussichten der deutschen Wirtschaft. Das Konjunkturbarometer des ZEW sackte im Mai um 12,6 Zähler auf 10,8 Punkte ab.

Im Rückblick auf die ersten drei Monate dieses Jahres besteht jedoch kein Grund zum Pessimismus. Dank boomender Exporte und kauffreudiger Verbraucher wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland von Januar bis März um überraschend kräftige 0,5 Prozent zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt und die EU-Statistikbehörde Eurostat am Dienstag mitteilten. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum habe die Wirtschaft sogar um 1,7 Prozent zugelegt. Ende 2011 war das BIP noch um 0,2 Prozent geschrumpft – zum ersten Mal seit fast drei Jahren. Bei zwei Minus- Quartalen in Folge sprechen Ökonomen von Rezession. Sowohl Italien als auch Spanien rutschten erwartungsgemäß im ersten Quartal 2012 tiefer in eine solche Abwärtsbewegung. Die französische Wirtschaft stagnierte, die griechische brach um 6,2 Prozent ein.

„Die Krise ist noch nicht durchgestanden, da gibt es einen langen Weg vor uns“, warnte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Markus Kerber. Die deutsche Industrie sei aber stark. „Ein Wirtschaftswachstum von einem Prozent in diesem Jahr wird immer wahrscheinlicher“. Die Wachstumsimpulse des Außenbeitrags stammten von der starken Nachfrage nach deutschen Produkten aus Staaten außerhalb der EU. Damit zahle sich die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie für alle EU-Staaten aus.

Der Konjunktur-Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Ferdinand Fichtner, geht ebenfalls davon aus, dass sich die „spürbare Belebung“ der vergangenen Monate fortsetzen wird. Sichere Jobs und Lohnsteigerungen über der Inflationsrate würden den privaten Konsum „spürbar anschieben“, erklärte er. Das konnte die sinkenden Investitionen teilweise kompensieren. Auch der Außenhandelsverband BGA erklärte, für Konjunkturpessimismus bestehe „kein Grund“.

„Deutschland schlägt sich deutlich besser als der Rest der Euro-Zone“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. „Aber ich glaube nicht, dass es in dem Tempo weitergeht.“ Etwa 40 Prozent der Exporte gehen in die Währungsunion. Zuletzt waren sie bereits stark gesunken. Einige Branchen spüren den Gegenwind bereits. So kämpfen in der deutschen Stahlindustrie die Branchenführer Thyssen-Krupp und Salzgitter mit Verlusten. Sie führen das explizit auf die Schuldenkrise zurück.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sieht Deutschlands Wirtschaft dennoch insgesamt in „guter Verfassung“. Die Bundesregierung erwartet für dieses Jahr bislang ein Wachstum von 0,7 Prozent. Experten gehen davon aus, dass sie wegen des guten Jahresauftakts angehoben und eine „1“ vor dem Komma stehen wird. Die Hoffnungen ruhen vor allem auf einem robusten Binnenmarkt. Trüber sieht es in der Euro-Zone aus. Die EU-Kommission geht davon aus, dass sie in diesem Jahr um 0,3 Prozent schrumpft. mit rtr

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