zum Hauptinhalt
Bankaussichten

© dpa

Deutschland im Abschwung: Banken brauchen Nachhilfe

Die Kreditvergabe kommt trotz Rettungspaket nicht in Gang. Banken untereinander geben sich praktisch keine Kredite mehr. Mit einer Clearingstelle und Strafen will die Regierung nachhelfen.

Berlin - Bundesregierung und Bundesbank prüfen Nachbesserungen am Rettungspaket für die Banken. Anlass der Überlegungen ist das mangelnde Vertrauen unter den deutschen Geldinstituten. „Der Interbankenhandel ist praktisch tot, weil sich die Banken untereinander so gut wie keine unbesicherten Kredite geben. Daran müssen wir dringend etwas ändern“, sagte ein hoher Regierungsbeamter dem „Handelsblatt“.

Bundesbank-Präsident Axel Weber hat in Gesprächen mit Regierungsvertretern deshalb vorgeschlagen, die Kreditvergabe zwischen den Banken durch eine unabhängige Instanz zu garantieren, erfuhr das „Handelsblatt“ aus Notenbank- und Regierungskreisen. Eine Entscheidung soll noch vor Weihnachten fallen.

Die Bundesbank bestätigte auf Nachfrage entsprechende Überlegungen. „In der Zentralbank ist eine Arbeitsgruppe damit beauftragt, die Voraussetzungen für die Umsetzung einer solchen Clearingstelle zu beschreiben“, sagte ein Sprecher der Bundesbank. Bundesbank-Präsident Weber habe bereits mehrfach mit dem Wirtschaftsberater im Kanzleramt, Jens Weidmann, sowie den Finanzstaatssekretären Jörg Asmussen und Axel Nawrath über Varianten zur Wiederbelebung des Interbankenhandels gesprochen, hieß es. Ende vergangener Woche diskutierte auch der Leitungs- und Lenkungsausschuss des Bankenrettungsfonds die Probleme.

Laut einer Analyse von Bundesbank und Regierung hat das 500-Milliarden- Euro-Rettungspaket im Interbankenhandel bisher nicht das gewünschte Ergebnis erzielt. „Banken legen ihre überschüssige Liquidität lieber zu niedrigeren Zinsen bei der Zentralbank an, als sie einer anderen Geschäftsbank zu leihen“, hieß es in den Kreisen. Diese Vertrauenskrise sei kein typisch deutsches Phänomen, sondern auch in anderen europäischen Ländern zu beobachten. Eine Clearingstelle zwischen den Banken könne diese Schwierigkeiten beheben, so die Überzeugung von Bundesbank und Regierung.

Konkret sehen die Pläne vor, dass die Banken sich nicht mehr direkt Geld untereinander leihen, sondern eine unabhängige Instanz wie die Bundesbank zwischensgeschaltet wird. Da die Bundesbank die Rückzahlung garantiert, hätten die Banken keinerlei Risiken mehr. In der Bundesregierung betont man, dass eine solche Lösung nur „zeitlich befristet“ denkbar sei. Unklar ist noch, ob die Bundesbank die Aufgabe übernimmt. Präsident Weber fürchtet um die Unabhängigkeit der deutschen Notenbank.

Nach Informationen des „Handelsblatts“ aus Regierungskreisen werden neben einer Clearingstelle weitere Ergänzungen diskutiert. In der Bundesbank wie im Finanzministerium hält man es für denkbar, die Konditionen für Einlagen bei der Zentralbank so zu verschlechtern, dass die Banken keinen Anreiz mehr haben, ihr Geld bei den Notenbanken zu parken. Im Gespräch sind ein Nullzinssatz und eine Strafabgabe für solche „Parkguthaben“ bei der Bundesbank.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) blicken zunehmend mit Sorge auf die mangelnde Kreditvergabe unter den Banken. Erst kürzlich hatte Merkel die zögerlichen Bankmanager als „Kaltblüter im Winter“ kritisiert. Auch das Finanzmarktgremium des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) hält Nachbesserungen am Rettungspaket für nötig. „Die Regierung muss schnellstmöglich Lösungen finden, das Kreditgeschäft unter den Banken in Gang zu bringen“, sagte Albert Rupprecht, Vorsitzender des Gremiums.

Die Arbeit des Rettungsfonds bezeichnet die Regierung trotz der Probleme beim Interbankenhandel als „zufriedenstellend“. Bislang seien gut 100 Milliarden Euro angefragt und rund 80 Milliarden Euro ausgereicht worden, hieß es in Regierungskreisen. Damit habe Deutschland innerhalb der Europäischen Union die mit Abstand größte Summe aus einem staatlichen Rettungsschirm an die Institute ausgezahlt. Die Wirkung der abgeflossenen Garantien im Kreditmarkt seien noch nicht abschätzbar, hieß es weiter, da die Liquidität erst einmal im Kapitalmarkt ankommen müsse. Nach Informationen aus Regierungskreisen ist die Zahl der Anträge beim Soffin mittlerweile auf 17 gestiegen, die schnellstmöglich beantwortet werden sollen.

Ein gewisses Verständnis herrscht in der Regierung allerdings für die Forderung vieler Banken, die Bürgschaften von drei auf fünf Jahre zu verlängern. Darüber könne man nachdenken, allerdings müsse dann das Finanzmarktstabilisierungsgesetz wieder verändert und aus Wettbewerbsgründen mit der EU abgestimmt werden. Der Mittelabfluss würde sich jedoch dadurch nicht ändern.

S. Afhüppe, D. Goffart

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false