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Deutschland: Wal-Mart wirft das Handtuch

Der Düsseldorfer Handelskonzern Metro will das Deutschland-Geschäft des Einzelhandelsriesen Wal-Mart übernehmen. 85 Warenhäuser des US-Unternehmens sollen zu diesem Zweck den Besitzer wechseln.

Düsseldorf/Bentonville - Der weltgrößte Einzelhandelskonzern Wal-Mart zieht sich nach gut acht Jahren vollständig vom deutschen Markt zurück und räumt damit das Scheitern seiner Verkaufsstrategie ein. Das Unternehmen verkauft seine 85 deutschen Warenhäuser an die Metro-Gruppe, wie beide Konzerne mitteilten. Von dem Verkauf sind 11.000 Wal-Mart-Mitarbeiter betroffen. Die Gewerkschaft Verdi befürchtet Arbeitsplatzverluste, Metro spricht von nur vereinzelten Fällen. Wal-Mart hatte sich in Deutschland wegen seiner Arbeitsbedingungen harte Kritik der Gewerkschaften zugezogen und war deswegen auch wiederholt vor Gericht verurteilt worden.

Der stellvertretende Wal-Mart-Vorsitzende Michael Duke begründete die Trennung vom Deutschland-Geschäft mit schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Damit sei es dem Konzern mit Sitz in Bentonville im US-Bundesstaat Arkansas nur schwer möglich, die "angestrebte Größe und angestrebten Ergebnisse zu erzielen". Informierten Kreisen zufolge schrieb Wal-Mart in Deutschland in den vergangenen Jahren massive Verluste. Nach Angaben von Experten reichten die 85 Wal-Mart-Warenhäuser nicht aus, um in Deutschland Fuß zu fassen. Über den Verkaufspreis wurde nichts bekannt.

Stärkung der Schlagkraft

Die Düsseldorfer Metro-Gruppe, zu der neben Real-Warenhäusern auch Extra-Supermärkte sowie die Elektronikketten Media Markt und Saturn gehören, will mit dem Kauf ihre Stellung in Deutschland stärken. Nach Angaben eines Konzernsprechers belegt sie bei Selbstbedienungs-Warenhäusern dann Platz eins. Nach Angaben von Konzernchef Hans-Joachim Körber hofft Metro zugleich auf deutliche Einsparungen. Die Übernahme muss noch von den Kartellbehörden genehmigt werden. Danach werden alle Wal-Mart-Märkte auf die Marke Real umgestellt. Voraussichtlich werde dies Ende 2007 abgeschlossen, sagte ein Metro-Sprecher.

Mit der Übernahme durch Metro sei eine Marktbereinigung zu befürchten, sagte Verdi-Sprecher Günter Isemeyer in Berlin. "Das bedeutet einen Verlust von Arbeitsplätzen." Ein Metro-Sprecher räumte ein, es sei nicht völlig ausgeschlossen, "dass man an dem einen oder anderen Punkt auch über Arbeitsplätze sprechen muss". Dies werde jedoch nur "vereinzelt" der Fall sein. Verdi hat nach seinen Angaben bereits Gespräche mit Metro und Wal-Mart über die Folgen für die Beschäftigten aufgenommen.

Isemeyer sagte weiter, Wal-Mart sei mit seinem Versuch einer "Amerikanisierung" der deutschen Arbeitsbedingungen gescheitert. Unter anderem hatte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf eine "Ethikrichtlinie" für verfassungswidrig erklärt, mit der Wal-Mart seinen Mitarbeitern Beziehungen am Arbeitsplatz verbieten wollte. Auch in den USA hatte der Konzern wegen Arbeitsrecht-Verstößen wiederholt Ärger mit der Justiz.

Metro-Aktie legt zu

Wal-Mart bleibt nach dem Rückzug aus Deutschland als drittgrößtem Markt nach den USA und Japan nur noch Großbritannien als europäischer Standort. Der Konzern war Ende 1997 erstmals nach Deutschland gekommen. Zunächst übernahm der Konzern 21 Selbstbedienungs-Warenhäuser von Wertkauf, ein Jahr später folgte die Übernahme von 74 Interspar-Warenhäusern. Der Handelsriese (Eigenwerbung: "Die Preise bleiben unten. Immer!") hat weltweit rund 6600 Läden und beschäftigt 1,8 Millionen Menschen.

Metro erwirbt bei 19 Wal-Mart-Standorten auch die Immobilien, in den anderen Fällen werden die Märkte gemietet. Metro erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 55,7 Milliarden Euro und beschäftigt rund 250.000 Mitarbeiter in 30 Ländern.

Die Börse wertete den Kauf positiv: Die Metro-Aktie legte in Frankfurt am Main zeitweise um mehr als vier Prozent zu und setzte sich damit an die Spitze des Deutschen Aktienindex Dax. Am Nachmittag (16.00 Uhr) notierte sie mit 45,05 Euro immer noch um 2,85 Prozent im Plus. (tso/AFP)

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