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Wirtschaft: Die Bahn macht sich schön für die Börse

Mehdorn kündigt steigenden Gewinn an – doch Kritiker bezweifeln, ob das für eine Privatisierung reicht

Berlin - Bahnchef Hartmut Mehdorn sieht sein Unternehmen nach dem Rekordjahr 2005 bereit für eine Privatisierung. „Wir sind voll auf Kurs in Richtung Kapitalmarkt“, sagte er am Freitag auf der Bilanzpressekonferenz in Berlin. 2006 und 2007 solle der Gewinn um 15 bis 20 Prozent pro Jahr steigen. Der Manager nannte einen Börsengang „alternativlos“ und warb dafür, Schienennetz und Betrieb unter einem Dach zu lassen. „Warum sollte man ein ,winning team‘ auseinander nehmen?“, fragte er.

Mehdorns Angaben zufolge war 2005 für die Bahn „das beste Jahr in der bundesdeutschen Geschichte“. Der Betriebsgewinn nach Zinsen lag, wie berichtet, bei 448 Millionen Euro. Damit habe man das selbst gesteckte Ziel um zwölf Prozent übertroffen. Gelungen ist dies dank des Regionalverkehrs (452 Millionen Euro Gewinn) und des Logistikers Schenker (248 Millionen). Auch mit den Fernzügen, die in den vergangenen Jahren tief ins Minus gefahren waren, verdiente die Bahn wieder Geld. Neben Sonderangeboten und dem Ticketverkauf beim Discounter Lidl kamen dem Unternehmen dabei die höheren Benzinpreise zugute.

Probleme hat die Bahn noch beim Schienengüterverkehr Railion (65 Millionen Euro Verlust) und beim Netz (250 Millionen Verlust). Insgesamt stieg der Umsatz um 4,6 Prozent auf 25,1 Milliarden Euro. Die Mitarbeiterzahl sank binnen Jahresfrist von 225 600 auf 216 400. Der Gewinn verbleibt dem Finanzvorstand Diethelm Sack zufolge bei der Bahn. Mit dem Eigentümer Bund sei vereinbart, damit die Eigenkapitalbasis zu stärken.

In das Jahr 2006 sei die Bahn gut gestartet, sagte Mehdorn. In den ersten beiden Monaten habe der Konzern über Plan gelegen. Der sieht einen Gewinn nach Zinsen von 800 Millionen Euro vor. Weltweit sei die Bahn „immer besser positioniert“, auch durch den Kauf des US-Logistikers Bax. Angesichts der Kritik an seiner Expansionsstrategie unterstrich Mehdorn, dass das Kerngeschäft die Eisenbahn in Deutschland sei. Zukunftsfest werde der Konzern aber nur, wenn er auch international und jenseits der Schiene handele – hier gebe es mehr Wachstum.

Hier zu Lande belasten die Bahn die hohen Preise für Strom und Diesel. „Das wirkt sich irgendwann auf die Preise aus. Das ist etwas, was uns sehr stark bedrückt“, sagte Mehdorn. Bereits zweimal in den vergangenen zwei Jahren hatte die Bahn die Tickets verteuert. Über eine mögliche Verlagerung der Logistiksparte, die zum Teil in Berlin ansässig ist, sagte der Bahnchef nur, dass es hier noch keine Festlegung gebe. Der Aufsichtsrat hatte zuvor über die Strategie der Sparte und über die Konzentration der Verwaltung an einem Ort beraten. Derzeit wird sie auch von Mainz und Essen aus gesteuert.

Die Bilanz der Bahn ist die letzte vor der Entscheidung über den Börsengang. Kritiker bezweifeln allerdings, dass die Bahn bis 2008 genug Geld verdienen wird, um interessant für Investoren zu sein. „Angesichts des schärferen Wettbewerbs im Güter- und Regionalverkehr wird die Bahn Marktanteile verlieren – deshalb wird es mit dem Börsengang, so wie ihn Mehdorn sich vorstellt, 2008 nicht klappen“, sagte Winfried Hermann, Verkehrsfachmann bei Bündnis 90/Die Grünen, dem Tagesspiegel. Stattdessen solle die profitabelste Tochter, der Regionalverkehr, verkauft werden. „Das könnte man schon nächstes oder übernächstes Jahr tun.“ Die FDP äußerte sich kritisch zu einem integrierten Börsengang, bei dem der Staat aus Verfassungsgründen das Sagen behalten muss. „Es ist fraglich, ob der Bund Mehrheitseigentümer eines weltweit tätigen Logistikunternehmens sein muss“, sagte Verkehrsexperte Horst Friedrich. „Damit benachteiligt er private Wettbewerber – das ist ordnungspolitisch falsch.“

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