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Wirtschaft: Die Bahn versilbert ihre Lufthansa-Aktien

Schienenkonzern braucht Geld, um börsenreif zu werden / Konkurrenten kritisieren geplante Billigzug-Linie

Berlin (brö/fw). Die Deutsche Bahn plant, ihre Beteiligung an der Deutschen Lufthansa zu verkaufen, um ihre Kasse aufzubessern und in rund zwei Jahren börsenreif zu werden. Das erfuhr der Tagesspiegel aus Unternehmenskreisen. Rund 1,5 Millionen Aktien der Fluggesellschaft sollen demnach bald verkauft werden. Das Unternehmen wollte zu den Verkaufsplänen und einem möglichen neuen Eigner keine Stellung nehmen.

Die Bahn besitzt rund 0,4 Prozent der insgesamt etwa 382 Millionen LufthansaAktien. Bei diesen 1,5 Millionen Papieren handelt es sich um so genannte vinkulierte Namensaktien. Bei diesen Papieren hat die ausgebende Aktiengesellschaft – also die Lufthansa – einen genauen Überblick über den Stamm ihrer Aktionäre. Neun von zehn Lufthansa-Papieren befinden sich im Streubesitz. Die Lufthansa-Aktie verlor am Montag 3,5 Prozent auf 12,39 Euro und gehörte in einem schwachen Gesamtmarkt zu den schwächsten Titeln. Schuld am Verlust war aber auch die Krise im Nahen Osten. Das Paket war demnach am Montag 18,6 Millionen Euro wert.

Bereits Anfang März hatte die Bahn erklärt, sich von der Gastronomie-Tochterfirma Mitropa trennen zu wollen. Auch die Touristiksparte Ameropa sowie zwei Busunternehmen sollen bis Jahresende abgegeben werden. Hintergrund ist der Plan von Bahnchef Hartmut Mehdorn, sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren. Der Konzern bereitet sich auf einen Gang an die Börse vor, als möglichen Termin prüfen Arbeitsgruppen den Beginn des Jahres 2006. Dagegen regt sich aber Widerstand bei Politikern von Bund und Ländern sowie bei den Gewerkschaften.

Zu den Vorbereitungen gehört auch, in diesem Jahr schwarze Zahlen zu erreichen. Dies hat Mehdorn als festes Ziel ausgegeben. 2003 hatte die Bahn trotz der Probleme im Fernverkehr ihren Verlust auf 177 Millionen Euro mehr als halbiert. Im Vorjahr waren es noch rund 454 Millionen Euro gewesen.

Im Zuge der Börsenpläne soll auch die defizitäre Sparte Fernverkehr auf Vordermann gebracht werden – nach Bahn-Plänen auch mittels einer Billigzuglinie. Nach Angaben der Gewerkschaft Transnet sollen dazu in einer eigens zu gründenden Gesellschaft das Lohnniveau gesenkt und die Arbeitszeiten verlängert werden. Der Konzernchef Mehdorn habe an sie appelliert, „sich diesem Ansinnen nicht zu verschließen“ und sich „zur Herstellung des Wettbewerbsniveaus einsichtig zu zeigen“, heißt es in einem Schreiben von Transnet-Vorstand Karl-Heinz Zimmermann an den Bahn-Fernverkehrs-Chef Karl-Friedrich Rausch. Das sei mit der Transnet aber nicht zu machen, erklärte Zimmermann. Eine Sprecherin der Gewerkschaft deutscher Lokführer sagte dazu, „die Bahn soll nur kommen – dann wird sie erleben, was sie davon hat“.

Auch bei den privaten Bahn-Wettbewerbern sorgt der Billiglinien-Plan für Kritik. „Solche Züge können nur durch Quersubventionierungen aus anderen Bereichen finanziert werden. Das kann sich die Bahn nur leisten, weil sie im Regionalverkehr ungerechtfertigte Gewinne macht“, sagte Karl-Heinz Rochlitz, Vorstandssprecher des Verbandes „Mehr Bahnen“, in dem die Wettbewerber des Unternehmens organisiert sind. Hintergrund: Die Bundesländer bestellen Schienen-Verkehrsleistungen bei der Bahn und anderen Firmen. Dabei ist die Bahn in jüngerer Zeit oft mit langfristigen Verträgen zum Zuge gekommen, etwa in Brandenburg, obwohl es keine öffentlichen, europaweiten Ausschreibungen gegeben hatte. Die Privatbahnen sehen dadurch den Wettbewerb behindert. „Würden mehr Verkehrsleistungen sukzessive ausgeschrieben, gingen auch Marktanteil und Gewinne der Bahn zurück“, sagte Rochlitz.

Auch die EU-Kommission findet die Vergabepraxis der Länder nicht in Ordnung. Sie prüft bereits, ob das Gemeinschaftsrecht verletzt worden ist. Derweil erhöht sie den Druck auf Deutschland, die Ausschreibungspraxis der Länder bei Schienenprojekten dem EU-Recht anzupassen. In den nächsten Tagen werde eine Gruppe von Kommissions-Experten nach Berlin reisen, um darüber mit der Regierung zu sprechen, sagte der Direktor der Brüsseler Binnenmarktabteilung, Alexander Schaub. „Es ist problematisch, dass Deutschland gerade im öffentlichen Auftragswesen die Gemeinschaftsregeln so schlecht beachtet", sagte er. Es sei „nicht hilfreich, wenn der wirtschaftsstärkste Mitgliedstaat den Vogelstrauß bei der Umsetzung der Richtlinien macht“, bemängelte der Beamte.

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