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Wirtschaft: Die Bahnindustrie muß entlassen

MÜNCHEN (Tsp/ADN/rtr). Die von sinkender Inlandsnachfrage und Ertragsschwäche gebeutelte deutsche Bahnindustrie will in zwei Jahren die Wende geschafft haben.

MÜNCHEN (Tsp/ADN/rtr). Die von sinkender Inlandsnachfrage und Ertragsschwäche gebeutelte deutsche Bahnindustrie will in zwei Jahren die Wende geschafft haben. Das kündigte der Verband der Deutschen Bahnindustrie (VDB) am Montag im München auf seiner Frühjahrspressekonferenz anläßlich der Fachmesse "transport 99" an. Die wirtschaftliche Situation der deutschen Bahnindustrie sei aber angesichts einer reduzierten Inlandsnachfrage weiter angespannt, hieß es. Die Beschäftigtenzahl der Branche, die derzeit bei 33 500 Mitarbeitern liegt, werde im laufenden Jahr und im Jahr 2000 zurückgehen.

Kostendruck und härterer Wettbewerb sowie Abschwächungstendenzen des deutschen Marktes zwingen nahezu alle Unternehmen der Branche zu einer Reduzierung der Mitarbeiter, sagte VDB-Präsident Peter Witt. Nach dem Auftragsboom in den 90er Jahren sei ab 2003 mit einer deutlichen Reduzierung des Marktvolumens zu rechnen, da die Investitionen der öffentlichen Hand mit dem Auslaufen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes stark zurückgehen würden.

"Von einem Niedergang und einer international verlorengegangenen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Bahnindustrie kann aber mitnichten gesprochen werden", betonte der Verbandspräsident. Technologische Innovationen, Diversifikation im Wartungsbereich und eine Harmonisierung des Schienenverkehrs in der EU würden die Leistungsfähigkeit der Industrie wieder zum Tragen bringen.

Die Branche arbeite intensiv an nachhaltiger Ertragsverbesserung. "Ob bei Einzelunternehmen, den Mitgliedern eines Konsortiums oder bei Zulieferfirmen: überall wird an der kontinuierlichen Verbesserung von Prozessen und Strukturen gearbeitet", betonte Witt, der auch Europa-Präsident des kanadischen Konzerns Bombardier Transportation und Chef der Deutschen Waggonbau GmbH, Berlin, ist. Sicherung der Qualität bei Konstruktion, Fertigung und Wartung von Fahrzeugen bleibe eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben im Zusammenspiel mit der Bahn.

Nach Verbandsangaben hatte im vergangenen Jahr allein der Waggonbau, mit insgesamt 15 000 Beschäftigten eines der wichtigsten Geschäftsfelder der Branche, einen Umsatzrückgang um 20 Prozent auf drei Mrd. DM zu verkraften. Der Gesamtumsatz ging von 11,8 Mrd. DM um 3,4 Prozent auf 11,4 Mrd. DM zurück. Der Auftragseingang nahm von 13,2 Mrd. DM auf 12,3 Mrd. DM (minus 7,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) ab. Der Auslandsanteil sank von 5,8 auf 2,6 Mrd. DM.

Bei Auslandsaufträgen und Großprojekten leidet die deutsche Bahnindustrie nach Darstellung des Verbandes unter strukturellen Wettbewerbsnachteilen gegenüber europäischen Mitbewerbern. So stelle beispielsweise die französische Regierung sogenannte Soft-Loans mit 30 Jahren Laufzeit und zweiprozentiger Verzinsung bereit. Den weltweiten Bedarf des Rad-Schiene-Systems bezifferte der VDB auf ein Volumen von 45 bis 50 Mrd. DM im Jahr. Die Deutsche Bahn AG laste die Kapazität der 65 Verbands-Unternehmen zu etwa 45 Prozent aus.

Von der Politik fordert der VDB eine EU-weite Harmonisierung der gesetzlichen und technischen Wettbewerbsbedingungen, um die strukturelle Benachteiligung des deutschen Schienenverkehrs auszugleichen und das Innovationsklima zu fördern. Nur dann könne die Leistungsfähigkeit der deutschen Bahnindustrie in Europa genutzt werden. Dabei dürfe man nicht nur an den Hochgeschwindigkeitsverkehr denken. Ziel müsse die Harmonisierung des gesamten Spektrums des Schienenverkehrs sein.

Gravierend beeinträchtigt von Imageschäden durch das ICE-Unglück von Eschede oder von technischen Problemen bei neuen Zügen in jüngster Zeit sieht VDB-Präsident Peter Witt die Industrie nicht. "Das Imageproblem mit dem Unglück von Eschede würde ich nicht bei der Industrie ansiedeln", erklärte er. Die Hersteller hätten "einwandfreie Fahrzeuge" geliefert. Die technischen Probleme bei neuen Zügen allerdings würden im Wettbewerb von den Konkurrenten ausgenutzt.

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