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Wirtschaft: Die Beteiligungspläne der Kanzlerin

Merkel will Mitarbeiter am Unternehmenserfolg teilhaben lassen / Kommission soll Vorschläge erarbeiten

Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will Arbeitnehmer am Gewinn und am Kapital von Unternehmen beteiligen. „Ich halte es für wichtig, die Arbeitnehmer in Zeiten deutlicher Gewinnzuwächse am Erfolg der Unternehmen zu beteiligen“, sagte sie in einem Interview mit dem Magazin „Stern“. Die Einkommen aus Kapitalbeteiligungen entwickelten sich seit Jahren besser als die Löhne, begründete Merkel ihren Vorschlag.

Die Gewerkschaften beurteilen die Pläne der Kanzlerin kritisch. „Wir haben nichts gegen Gewinnbeteiligungen, aber sie dürfen nicht zum Ersatz für Lohn- und Gehaltssteigerung werden“, sagte IG-Metall-Sprecher Georgios Arwanitidis. In der Metallbranche haben vor wenigen Tagen die Tarifverhandlungen begonnen, die Gewerkschaft fordert fünf Prozent mehr Lohn und Gehalt.

Auch Bundespräsident Horst Köhler sagte vor zwei Monaten, er halte „die Zeit für gekommen, die Ertragsbeteiligung der Arbeitnehmer oder ihre Beteiligung am Produktivvermögen wieder auf den Tisch zu bringen“. Eine Idee, die Wirtschaftsminister Ludwig Erhard vor rund 50 Jahren hatte: Im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft wollte er eine „Gesellschaft von Teilhabern“ aufbauen. Richtig funktioniert hat das nicht – zumindest nicht in Deutschland. Hierzulande sind nur fünf Prozent der abhängig Beschäftigten an „ihren“ Unternehmen beteiligt, heißt es bei der Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft (AGP). In Frankreich hingegen seien es 43 Prozent der Beschäftigten, in Großbritannien immerhin 24 Prozent.

Bundeskanzlerin Merkel hat nun den nordrhein-westfälischen Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) beauftragt, bis Ende des Sommers Vorschläge zu Mitarbeiterbeteiligungsmodellen zu machen. Laumann leitet die CDU-Kommission „Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand“, die am 6. März erstmals zusammenkommt. „Dabei wird es zum einen darum gehen, wie Mitarbeiterbeteiligungen als kapitalgedeckte Altersvorsorge genutzt werden können“, sagte Gerald Weiß (CDU), Kommissionsmitglied und Vorsitzender der CDU/CSU-Arbeitnehmergruppe. Weiß schlägt vor, Mitarbeiterbeteiligungen in die Riester-Förderung miteinzubeziehen. Allerdings kommen dafür nur Beteiligungen mit schuldrechtlichem Charakter in Frage, also Genussscheine, GmbH-Anteile oder stille Beteiligungen. Belegschaftsaktien hingegen könnten nicht gefördert werden. Die IG Metall lehnt dieses Modell ab. „Mit einer Kapitalbeteiligung tragen die Mitarbeiter ein doppeltes Risiko – den Verlust des Arbeitsplatzes und des eingebrachten Kapitals“, sagt Sprecher Arwanitidis.

Die Expertenkommission sieht in der Mitarbeiterbeteiligung aber auch „die Chance zur Ausdifferenzierung der Tarifpolitik“. „Wenn Arbeitnehmer sich beim Geldlohn zurückhalten und dafür über variable Gewinnanteile am Unternehmen beteiligt werden, profitieren sie dadurch auch“, sagte Weiß. „Nämlich von dem Unternehmenserfolg, zu dem sie durch Lohnzurückhaltung beigetragen haben.“

Die Commerzbank beispielsweise hat angekündigt, ihre rund 33 000 Mitarbeiter durch ein neues Bonussystem an der Gewinnsteigerung im vergangenen Jahr teilhaben zu lassen. Die Bank führt rückwirkend zum Jahresbeginn ein System ein, das sich an der erwirtschafteten Rendite orientiert. Die 2005 einschließlich Beteiligungsverkäufen erreichte Rendite von 12,4 Prozent entspreche einem halben Bruttomonatsgehalt. Studien belegen, dass Unternehmen, die ihre Mitarbeiter am Gewinn beteiligen, produktiver sind. Laut dem Institut zur Arbeits- und Berufsforschung (IAB) ist die Wertschöpfung von einem Beschäftigten mit Beteiligung im Schnitt bis zu 30 Prozent höher als die eines Mitarbeiters ohne Beteiligung. Der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner hält diese Modelle daher auch für einen guten Ansatz, die Motivation der Mitarbeiter zu steigern. Allerdings dürfe Mitarbeiterbeteiligung nicht Ersatz für Lohnerhöhungen sein.

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