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Wirtschaft: Die Bierdose kehrt zurück

Neues Pfand-System startet fast reibungslos

Berlin - Die Späher der Mehrweglobby waren zeitig auf den Beinen: Früh um Acht schwirrten sie gestern Morgen in die Filialen von Supermärkten, Tankstellen und Discountern. Sie wollten testen, ob die neue, vereinfachte Rücknahme von Dosen und Einwegflaschen funktioniert, die am 1. Mai in Kraft getreten ist. Als sie das Ergebnis drei Stunden später in Berlin bekanntgaben, klangen sie selbst ein bisschen überrascht. „Unsere Mitarbeiter konnten in der Regel problemlos Volvic-Flaschen bei Aldi, Netto, in Tankstellen oder Supermärkten wie Reichelt zurückgeben“, sagte Eva Leonhardt, die bei der Deutschen Umwelthilfe für die Testkäufe verantwortlich ist.

Seit Montag können Verbraucher ihre Dosen und Einwegflaschen in allen größeren Geschäften loswerden (siehe Kasten) – unabhängig davon, wo sie gekauft worden sind. Das soll dem Verbraucher das Leben erleichtern, der seinen pfandpflichtigen Getränkeabfall in der Vergangenheit oft genervt in den Müll gekippt hatte, statt ihn brav ins Geschäft zurückzutragen. Oder gleich auf Mehrweg setzte.

Seit gestern können auch die Zweifler neue Hoffnung schöpfen. Der Start des neuen Rücknahmesystem geriet fast reibungslos, bei den bis zu 100 Stichproben der Deutschen Umwelthilfe in sechs Bundesländern gab es nur vereinzelte Rüffel. So sei einigen Verkäufern von Kasten-Einwegsystemen nicht bewusst gewesen, dass sie auch alle anderen PET-Einwegflaschen zurücknehmen müssen, sagte Cheftesterin Leonhardt. Andere verkauften parfümierte Wasser oder Fitnessgetränke weiter ohne Pfand, obwohl seit Montag ein Pfand fällig ist. Gegen sie will die Umwelthilfe jetzt mit Klagen vorgehen.

Die Frage nach der Zukunft der Dose ist aber auch gestern nicht eindeutig beantwortet worden. Viele Händler, darunter Aldi und Lidl, hätten überhaupt keinen Büchsen mehr im Sortiment sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe. „Die Dose ist tot – mausetot“, folgert der Mehrweglobbyist.

Die Vertreter der Einwegseite sehen das ein wenig anders. Kaiser’s-Tengelmann bietet die Dose seit Montag wieder an, Netto hat sie schon früher wieder ins Regal gehoben. Auch Bierbrauer wie Holsten oder Radeberger setzen wieder vermehrt auf die Dose, Coca-Cola bietet eine neue WM-Edition an. Weil die Nachfrage deutlich gestiegen ist, arbeiten die 170 Mitarbeiter des Berliner Dosenherstellers Rexam rund um die Uhr. „Seit 14 Tagen ist das wieder ein lebendes Geschäft“, sagte Geschäftsführer Dieter Künstle. Das sah mal ganz anders aus.

Nach der Einführung des Dosenpfands 2003 hatten viele Händler die Dose aus den Regalen sortiert. Künstle musste 84 Angestellte entlassen und verordnete dem Rest Kurzarbeit. Die Krise ist vorbei. In den vergangenen beiden Monaten hat er 35 Leute eingestellt und verhandelt über weitere Aufträge. Ob das der Durchbruch für die Dose ist, kann auch er nicht sagen. „Das entscheidet allein der Verbraucher.“

Maren Peters

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