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Wirtschaft: Die Börse befürchtet den Atomausstieg

Schon allein die Aussicht auf eine Bundesregierung, die die Wahlversprechen der SPD und Grünen in die Tat umsetzen könnte, haben die Aktien der großen Stromversorger nach der Wahl auf Talfahrt geschickt: RWE gingen am Freitag vor der Bundestagswahl mit 90 DM aus dem Computerhandel, am Donnerstag betrug der Kassakurs nur noch 77 DM.In derselben Zeit stürzte der Veba-Kurs von 96,24 auf 84,50 DM und Viag-Aktien verloren an Wert von 1227,70 DM auf 1060 DM.

Schon allein die Aussicht auf eine Bundesregierung, die die Wahlversprechen der SPD und Grünen in die Tat umsetzen könnte, haben die Aktien der großen Stromversorger nach der Wahl auf Talfahrt geschickt: RWE gingen am Freitag vor der Bundestagswahl mit 90 DM aus dem Computerhandel, am Donnerstag betrug der Kassakurs nur noch 77 DM.In derselben Zeit stürzte der Veba-Kurs von 96,24 auf 84,50 DM und Viag-Aktien verloren an Wert von 1227,70 DM auf 1060 DM."Rot-Grün" lautet die Begründung der Aktienanalysten für den Kurssturz.

Offenbar haben die Börsianer die Wahlprogramme der beiden angehenden Regierungsparteien genau gelesen.Heißt es doch bei der SPD: "Die SPD-geführte Bundesregierung wird alles unternehmen, um die Nutzung der Atomkraft so schnell wie möglich zu beenden." Die Grünen setzen noch eins drauf: Sie haben "den sofortigen Ausstieg" festgeschrieben.

"Die wollen den Spaß an der Atomenergie verderben", sagt Thomas Deser von der BHF-Bank in Frankfurt (Main).Die Märkte gingen davon aus, daß sich die Rahmenbedingungen für die Industrie verschlechtern werden.Dabei geht es aber nicht nur um den von den Grünen geforderten sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie.Auch die mögliche Einführung einer Kohlendioxid- oder Energiesteuer drückt die Stromtitel.Pläne, die Milliarden-Rückstellungen der Konzerne für den Abriß der Kernkraftwerke und die Entsorgung aufzulösen oder in öffentliche Fonds zu überführen, trüben ebenfalls die Stimmung.Immerhin geht es hier um Rückstellungen von 50 bis 60 Mrd.DM.Zudem könnte eine rot-grüne Bundesregierung durch gesetzliche Regelungen für mehr Transparenz und Wettbewerb auf dem Strommarkt sorgen, was die Gewinnspannen der Versorger ebenfalls beeinträchtigen würde.Unternehmen mit Aktivitäten im Ölbereich - so RWE und Veba - fürchten sich zudem vor einer Mineralölsteuererhöhung.

Zwar haben Veba, Viag und RWE neben dem Stromgeschäft längst weitere Geschäftsbereiche aufgebaut - vor allem in der Telekommunikation.Doch der Strom liefert immer noch den Löwenanteil des Ertrags: Bei Veba und RWE immerhin rund 60 Prozent, bei Viag sogar 86 Prozent.

Die deutlichen Kursrückgänge seien aber übertrieben, heißt es bei den Analysten.Denn es sei nicht damit zu rechnen, daß sich die Grünen mit ihren "unrealistischen Vorstellungen" - so Klaus Repges von Trinkaus & Burkhardt in Düsseldorf - bei den Koalitionsverhandlungen durchsetzen könnten.Schließlich stammen immerhin ein Drittel des deutschen Stroms aus den 19 Kernkraftwerken.

Trotzdem dürfte der Druck auf die Versorgertitel vorerst weiter anhalten."Die Lage wird sich erst entspannen, wenn die Koalitonsvereinbarung vorliegt", sagt Vogt."Es gibt nichts Schlimmeres für die Märkte als Unsicherheit."

Für einige Experten sind die Versorgertitel auf dem derzeitig niedrigen Niveau aber schon wieder ein Kauf.Jörg Natrop von der WGZ-Bank in Düsseldorf empfiehlt Veba und auch RWE als langfristige Anlage.Und auch für Thomas Deser von der BHF-Bank kann der langfristig orientierte Privatanleger mit RWE-Vorzügen bei einer Dividenrendite von über 4,5 Prozent nicht viel falsch machen.

STEFAN BORSTEL (HB)

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