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Wirtschaft: Die "brutale" US-Wirtschaft lädt ein

Vor 15 Jahren veröffentlichte das "Wall Street Journal" einen Beitrag, in dem Jacques Delors, damals Präsident der Europäischen Kommission, beißende Kritik an den seinerzeit von Ronald Reagan regierten Vereinigten Staaten übte.Der Unterschied zwischen Amerika und Europa sei fundamental, sagte er: "Wir wollen keine brutale Wirtschaft.

Vor 15 Jahren veröffentlichte das "Wall Street Journal" einen Beitrag, in dem Jacques Delors, damals Präsident der Europäischen Kommission, beißende Kritik an den seinerzeit von Ronald Reagan regierten Vereinigten Staaten übte.Der Unterschied zwischen Amerika und Europa sei fundamental, sagte er: "Wir wollen keine brutale Wirtschaft." Damals hielten viele Staatschefs - die britische Premierministerin Margaret Thatcher war insofern die rühmliche Ausnahme - Amerikas Wirtschaftspolitik für primitiv, gar unzivilisiert.Sie glaubten, der Staat habe eine wichtige Rolle in der Wirtschaft und nur er sei in der Lage, den gehobenen Ansprüchen fortschrittlicher Nationen zu genügen.Um diese Thesen zu untermauern, verwies man auf die Arbeitslosenzahlen.Amerikas Arbeitslosenquote lag lange über der Europas, ganz zu schweigen von der in Japan.

Heutzutage wirkt die "brutale" Wirtschaft Amerikas ausgesprochen einladend.Im März dieses Jahres sackte die Arbeitslosenquote auf 4,2 Prozent ab und ist damit auf ihrem niedrigsten Stand seit 30 Jahren.Seit 1980 hat die Jobfabrik USA 32 Millionen Arbeitsplätze geschaffen.In Europa verharrt die Arbeitslosenquote dagegen bei 10 Prozent.Eine von den Wirtschaftsexperten Richard Vedder und Lowell Gallaway erstellte Untersuchung zeigt, daß die amerikanische Wirtschaft blüht, weil das Land einen verhältnismäßig kleinen Staatsapparat hat.Die Autoren haben die Arbeitsmärkte der OECD-Länder seit der Äußerung Delors bis heute untersucht.Sie errechneten für jedes Land die Kosten, die den Arbeitgebern durch Regulierungen, Steuererhöhungen und die Ausdehnung des Staatsapparates entstanden.Dann verglichen die Wissenschaftler diese Zahl mit der Arbeitslosenquote.Richard Vedder faßt das Ergebnis zusammen: "Der Rest der Welt fällt gegenüber Amerika zurück, weil die Staatsapparate wie verrückt vergrößert werden."

Die Zahlen sind verblüffend.Die japanische Regierung bürdete der Privatwirtschaft eine relativ geringe Last auf; in den 70er Jahren betrug die Staatsquote 19 Prozent.Aber bis zum Jahr 1996 erhöhte sie sich auf 30 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.Die Steuern waren hoch und die Regulierungen enorm.Das Ergebnis? Die Arbeitslosenquote begann zu steigen.In Europa ist der Wandel sogar noch sichtbarer.In den 80er Jahren folgte man dort weitgehend einer Politik, die von Helmut Schmidt, François Mitterand und anderen Sozialisten initiiert wurde.Auch als gemäßigte Parteien das Ruder übernahmen, folgten die Regierungen der Ausgabepolitik ihrer Vorgänger.Die Steuern wurden erhöht und der Staatsapparat vergrößert.Das Ergebnis: verheerende Arbeitslosenquoten.In Frankreich machen heute jugendliche Algerier und Franzosen die Straßen unsicher, weil sie keine Arbeit finden können.Jugendliche in Ostdeutschland haben Schwierigkeiten, sich in die westliche Gesellschaft einzugliedern, weil sich die Jobaussichten verschlechtert haben.

Wir haben inzwischen einiges gelernt.Zum Beispiel, daß die Lehre von Keynes, nach der die Ausgabenpolitik des Staates die Lösung aller Probleme ist, falscher nicht sein könnte.Aber auch die US-Regierung kann noch etwas dazulernen.Wenn die Regierung anfallende Überschüsse dazu verwendet, die Steuern zu senken, wird sie weiterhin Arbeitsplätze produzieren.Wenn sie mit den Überschüssen dagegen einen größeren Staatsapparat finanziert, wird Amerika international zurückfallen.Bislang aber kann man eine Einladung an alle europäischen und japanischen Jugendlichen aussprechen: Ihr seid in Amerika willkommen - falls Ihr es wagt, seiner brutalen Wirtschaft die Stirn zu bieten.

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