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Wirtschaft: Die Buchmacher scheffeln Geld

Von Paulo Prada Weil die Top-Favoriten reihenweise ausscheiden, sind die Buchmacher die Gewinner der Fußballweltmeisterschaft. Als sichere Wetten galten Frankreich und Argentinien; wenige tippten dagegen auf Erfolge der USA oder Senegals.

Von Paulo Prada

Weil die Top-Favoriten reihenweise ausscheiden, sind die Buchmacher die Gewinner der Fußballweltmeisterschaft. Als sichere Wetten galten Frankreich und Argentinien; wenige tippten dagegen auf Erfolge der USA oder Senegals. Argentiniens hochgerühmtes Team schied am Mittwoch aus. Bereits am Dienstag war Titelverteidiger Frankreich gescheitert, am Freitag erwischte es den Geheimfavoriten Portugal, der gegen die Gastgeber aus Südkorea verloren. Nur mit Glück erreichte der dreimalige Weltmeister Italien das Achtelfinale.

„Das ist eine weitere Enttäuschung für uns“, sagt Fortunato Guzman, Verkäufer aus Buenos Aires, dessen Tag um 3.30 Uhr mit dem Spiel Argentinien gegen Schweden begann. Es endete 1:1 unentschieden, das Aus für die argentinische Elf. Guzman packt die blau-weiß gestreiften Trikots der argentinischen Nationalelf zusammen und sagt: „Die Situation in unserem Land ist vollkommen hoffnungslos."

200 Millionen Pfund zusätzlich

Nicht so in London. Wenn Favoriten scheitern, gewinnen die Buchmacher. Die Wettbranche im Vereinten Königreich schätzt, dass ihr während des einmonatigen Turniers mehr als 200 Millionen Pfund an Wetteinsätzen zufließen, wobei der Großteil des Geldes auf große und berühmte Teams gesetzt wurde. Durch das Ausscheiden von Frankreich, Argentinien und Portugal bleibt nun ein gewaltiger Batzen der Einsätze bei den Buchmachern hängen.

„Wir scheffeln Geld; es ist unglaublich“, freut sich John Seigal, ein Buchmacher aus dem englischen Southend-on-Sea, Mitarbeiter von Coral Eurobet, einem der größten Buchmacher des Vereinigten Königreichs.

Buchmacher kalkulieren die Quote mit dem Ziel, genügend Wetter – oder Zocker, wie sie in der Branche genannt werden – auf jeder Seite zu haben, um einen Profit von etwa fünf Prozent zu machen, egal ob der Favorit oder der Außenseiter gewinnt oder das Spiel unentschieden endet.

Aber manchmal setzen die Wetter selbst bei extrem niedrigen Chancen auf ihre Favoriten. So war es zum Beispiel in der vergangenen Woche, als die USA, im Fußball ein ewiger „Watschenmann“, gegen die scheinbar übermächtigen Portugiesen antraten. Obwohl die Wetten sieben zu eins standen, waren einige wenige so verwegen, auf die Amerikaner zu setzen. Und schon wurde es schwierig mit den knapp kalkulierten fünf Prozent der Buchmacher. Jetzt wurden auch sie Spieler. Bei einem Sieg Portugals hätten sie vielleicht Verluste eingefahren – aber das Unerwartete trat ein. Die USA schlugen die Portugiesen mit 3:2. Die Buchmacher verdienten weit mehr als fünf Prozent an diesem Spiel, auch wenn sie nicht genau sagen wollen, wieviel mehr.

Mit dem Spiel der USA und anderen Knüllern hatten die Buchmacher Glück, aber sie bekommen auch unerwartete Gewinne aus einigen Nebenwetten.

Zocker sagen zum Beispiel gerne voraus, wer während der WM die meisten Tore schießen wird. Favorit mit 10 : 1 war der Franzose Thierry Henry. Aber Henry, ein agiler 24-jähriger Stürmer, verblüffte die Fußballwelt damit, dass er, bevor er nur ein einziges Tor geschossen hatte, im zweiten Spiel der französischen Elf nach einem Foul vorzeitig vom Platz geschickt wurde. Nachdem Frankreich nun ausgeschieden ist, wird er natürlich keinen Treffer mehr erzielen können. Das Ergebnis für die Buchmacher: Sie stecken alle Einsätze ein.

Unkonventionelle Zocker fahren dagegen gut. Adrian Fitzpatrick, Blumenimporteur aus dem englischen Birmingham, kommunizierte via Internet mit fußballbesessenen Blumenzüchtern in der ganzen Welt, um an Informationen zu kommen. Frankreich und Argentinien würden überschätzt, teilte ihm sein Blumen-Netzwerk mit. Die französische Mannschaft, die sich als amtierender Weltmeister nicht für die Vorrunde qualifizieren musste, habe sich nicht ausreichend vorbereitet, meinten die Floristen. Und die argentinischen Spieler seien zu alt.

„Für mich sahen sie einfach nicht gut aus, deshalb habe ich mich für ein anderes Team entschieden“, sagt Fitzpatrick. Seine Wahl: Spanien, das den Erwartungen seiner leidenschaftlichen Fans bei den letzten Turnieren in keiner Weise gerecht werde wurde.

Die Buchmacher sagen, diese verrückte Weltmeisterschaft locke, ihrer Erinnerung nach, mehr Kunden an als jeder andere internationale Wettbewerb vorher. Aber je mehr die Außenseiter sich durchsetzen, desto weniger wird der Geldregen für die Buchmacher anhalten. „Langsam setzen immer mehr Wetter auf die Außenseiter“, sagt Simon Clare, ein Sprecher von Coral Eurobet, einer Spielsalon-Kette.

Übersetzt und gekürzt von Matthias Petermann (Gewinner), Karen Wintgen (Fiat), Gregor Hallmann (Monti) Tina Specht (Kontrolle) und Willi Rothley (Buchmacher).

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