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Wirtschaft: Die Deutsche BA spart sich Venedig

Der neue Eigentümer Hans Rudolf Wöhrl streicht touristische Ziele und wehrt sich gegen die Preise der Lufthansa

Sechs Wochen, nachdem er die Deutsche BA übernommen hat, wirft der Geschäftsführer der Fluggesellschaft, Hans Rudolf Wöhrl, der Lufthansa vor, die DBA bewusst am Wachstum gehindert zu haben. Der große Konkurrent sei schuld gewesen, dass die DBA Anfang des Jahres in eine existenzbedrohende Krise gerutscht sei.

„Das neue Konzept, das bei der DBA im Mai vergangenen Jahres eingeführt worden ist, hat sich wirtschaftlich gerechnet – bis die Lufthansa im November ihre Preise auf den innerdeutschen Strecken massiv gesenkt hat“, sagte Wöhrl dem Tagesspiegel am Sonntag. Die DBA habe von April bis Dezember vergangenen Jahres zum ersten Mal in ihrer Geschichte ausreichend Geld in der Kasse gehabt und den Marktanteil gesteigert, sagte Wöhrl. Bis die Lufthansa den Preiskrieg eröffnete.

Im April 2002 war die DBA zum Billigflieger umgewandelt worden, die Preise sanken, das Tarifsystem wurde geändert und die Buchungen auf das Internet umgestellt. Extras wie Zeitungen oder Essen wurden ebenfalls abgeschafft. Nach den Preissenkungen der Lufthansa habe die DBA dann ernsthafte Probleme bekommen, so Wöhrl.

Wöhrl, der mit einem Textil- und Handelsunternehmen zum Großunternehmer geworden ist, hatte die Fluggesellschaft zum 1. Juli von British Airways für einen symbolischen Euro übernommen. Die britische Mutter schoss noch 70 Millionen Euro zu, um den deutschen Ableger loszuwerden. „Das war das Geld, was die BA die Schließung gekostet hätte“, so Wöhrl. Die Deutsche BA hatte seit ihrer Gründung vor elf Jahren permanent Verluste geschrieben. Jetzt will Wöhrl es noch einmal versuchen – in 13 Monaten soll die Wende geschafft sein, ansonsten will auch Wöhrl das Handtuch werfen.

Die DBA hatte sich im November 2002 beim Kartellamt wegen Preisdumpings beschwert. Die Behörde leitete zwar kein Verfahren gegen die Lufthansa ein, schrieb ihr aber Ende Mai einen Brief. „Wir haben in dem Fall keine unmittelbare Verdrängungsabsicht festgestellt“, sagte eine Sprecherin. „Aber wir haben der Lufthansa mitgeteilt, dass wir kritisch beobachten werden, wie sie ihr neues Preissystem verwendet – auf welchen Strecken und mit welchen Kontingenten.“ Jetzt hofft Wöhrl, dass das Kartellamt bei weiteren Preissenkungen der Lufthansa auf seiner Seite steht.

British Airways hat versagt

Der ehemaligen Mutter der DBA, British Airways, attestiert Wöhrl, versagt zu haben. Das Unternehmen habe keine Synergien geschaffen, sondern das Unternehmen zentralisiert und ineffizient geführt. Die Trennung von British Airways habe der DBA bereits acht Millionen Euro an Einsparungen eingebracht. „Das System war viel zu komplex – jetzt läuft alles über unsere eigenen Kanäle, unsere eigenen Formulare, unsere eigenen Flugtickets und ein neues Callcenter“, sagte Wöhrl. Die Dienstleistungen der BA seien deutlich zu teuer gewesen. Jede Entscheidung sei über London gelaufen. „Jetzt haben wir unser Geld direkt in der Hand.“ Auch die Versicherungsraten seien für ein Unternehmen, das zu einem weltweit operierenden Konzern wie British Airways gehöre, viel höher gewesen. Zum Zeitpunkt des Kaufs habe er der DBA eine Überlebenschance von 51 Prozent gegeben. „Nach zwei Wochen betrug meine Prognose nur noch 30 Prozent – jetzt sind es wieder 60 Prozent.“

Um die Wende jetzt zu vollbringen, soll die DBA keine rein touristischen Ziele mehr anfliegen. „Wir werden zum Winterflugplan unsere Verbindung von Berlin und Hamburg nach Venedig streichen“, sagte Wöhrl. Stattdessen will er nach Paris und London fliegen. „Wir haben vier Slots in Paris-Orly und drei Slots in London Gatwick beantragt und sind zuversichtlich, dass wir diese bekommen.“ Unternehmenskreisen zufolge sollen die Ziele auch von Berlin aus angeflogen werden.

Auch die Auslastung der Flieger soll im Winter steigen. „Die ehemaligen Eigentümer hatten für den Sommer zu optimistisch geplant – im Juli waren wir nur zu 50 Prozent ausgelastet. Um profitabel zu fliegen, seien mindestens 70 Prozent Auslastung nötig. Bei Ryanair liegt die Auslastung derzeit um die 80 Prozent, bei der Lufthansa lag sie im Juli bei 72 Prozent.

„In diesem Jahr werden wir unsere Kosten um zehn Prozent drücken, also um 30 Millionen Euro“, sagte Wöhrl. Acht Millionen Euro müssen die Angestellten beitragen. Im Juli haben sie einem einjährigen Gehaltsverzicht um 20 Prozent zugestimmt. Seit Juli haben 60 Mitarbeiter einer Abfindung zugestimmt und das Unternehmen verlassen, die IT-Abteilung mit elf Mitarbeitern wurde geschlossen. Nicht eingesetzte Piloten verleiht die DBA jetzt an andere Gesellschaften – acht Piloten seien derzeit für Air Berlin im Einsatz.

Zudem habe er Leasingraten für die Flugzeuge neu verhandelt, sagte der DBA-Chef. Die Ticketpreise sollen aber nicht sinken. „Unser Ziel ist ein Durchschnittspreis von rund 100 Euro.“ Ryanair nimmt im Schnitt 46 Euro. Der DBA-Chef will sich allerdings nicht mit der irischen Airline vergleichen, die günstige Flughäfen in der Provinz anfliegt. „Wir setzen auf Geschäftskunden und wollen die Flughäfen in den Metropolen anfliegen.“ Das Wort „Billigflieger“ ist für ihn tabu.

Flora Wisdorff

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