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Wirtschaft: Die ewige Baustelle

Mit zahllosen Gesetzen kämpft die Bundesregierung gegen die Misere auf dem Jobmarkt – trotzdem steigt die Arbeitslosigkeit. Jetzt hofft die Koalition auf neue Ideen

Von Carsten Brönstrup

und Cordula Eubel

So hatte sich Wolfgang Clement den Start in sein neues Amt nicht vorgestellt. Eigentlich wollte er mit der Fusion von Wirtschafts- und Arbeitsressort und einer langen Reformliste Konjunktur und Arbeitsmarkt auf Touren bringen. Doch nun muss er zusehen, wie jeder Monat neue Arbeitslosen-Rekorde bringt: 4,7 Millionen Menschen dürften im Februar einen Job gesucht haben, erwarten Experten – genaue Zahlen wird die Bundesanstalt für Arbeit (BA) in wenigen Tagen vorlegen. Das wäre ein neuer Rekord seit dem Antritt der rot-grünen Regierung.

Genau genommen ist die Lage noch schlimmer: Eigentlich fehlen mehr als acht Millionen Arbeitsplätze, hat das Hamburger Wirtschaftsinstitut HWWA ausgerechnet – neben den offiziell gezählten Erwerbslosen 1,7 Millionen, die in ABM- oder Weiterbildung stecken, und 1,75 Millionen, die zwar arbeiten wollen, aber erst bei einer besseren Wirtschaftslage aktiv eine Stelle suchen.

Seit Jahren versuchen SPD und Grüne, die Zahl der Arbeitsplätze zu steigern. Mit Milliardenprogrammen für die Beschäftigung von Jugendlichen. Mit dem Job-Aktiv-Gesetz, das das Prinzip „Fördern und fordern“ zur neuen Maxime bei der Vermittlung in den Arbeitsämtern machen sollte. Mit Kombilöhnen, also Subventionen für Niedriglohnjobs. Und mit dem hoch gelobten Hartz-Konzept und seinen Bestandteilen Minijobs, Ausweitung der Zeitarbeit und Ich-AG, der neuen Selbstständigkeit für Arbeitslose.

Doch bislang sind alle Maßnahmen mehr oder weniger verpufft. „Der Trend bei der Arbeitslosigkeit ist ungebrochen“, sagt Hans-Werner Sinn, Chef des Münchner Ifo-Instituts. Schuld daran ist aber nicht nur die Wirtschaftsflaute. Fachleute finden, dass die Arbeitslosigkeit vor allem auf strukturelle Probleme zurückgeht – und nur zu einem geringen Teil auf konjunkturelle. Das bedeutet: Arbeit ist zu teuer. „Um mehr Stellen zu schaffen, müssen die Lohnzusatzkosten sinken“, fordert Christoph Kannengiesser, Geschäftsführer beim Arbeitgeberverband BDA. „Außerdem müssen die Arbeitslosen stärker aktiviert werden, etwa durch eine Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes.“

So weit will die Regierung vorerst nicht gehen. In diesem Jahr will sie erst einmal die Weichen stellen für eine Senkung der Lohnnebenkosten. Zugleich sollen der Kündigungsschutz gelockert und weitere Hartz-Reformen umgesetzt werden. Mit dem dritten Gesetzespaket soll die Bundesanstalt für Arbeit verschlankt werden – etwa durch eine Vereinfachung des Leistungs- und Förderungsrechtes. „Oberstes Ziel ist es, weniger Verwaltungsvorgänge für die Arbeitsämter zu haben“, sagt SPD-Experte Klaus Brandner. Das Arbeitslosengeld, das bisher aufwändig und individuell berechnet wird, soll pauschaliert werden. Noch schwieriger wird es mit dem vierten Hartz-Paket – dabei sollen Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammen gelegt werden. Die Arbeitslosenhilfe soll durch das Arbeitslosengeld II ersetzt werden, das dann auch erwerbsfähigen Sozialhilfeempfängern zukommt. Schätzungen zufolge sind das bis zu eine Million Personen. Strittig ist indes noch, wie hoch die neue Leistung sein wird.

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