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Wirtschaft: Die Fusion des Tages: Exxon und Mobil

NEW YORK (pf).Der US-Mineralölkonzern Exxon plant offenbar die Übernahme seines Konkurrenten Mobil und damit den größten Zusammenschluß der Industriegeschichte.

NEW YORK (pf).Der US-Mineralölkonzern Exxon plant offenbar die Übernahme seines Konkurrenten Mobil und damit den größten Zusammenschluß der Industriegeschichte.Die Londoner Zeitung "Financial Times" und die Agentur "Bloomberg News" berichteten am Donnerstag über entsprechende Verhandlungen, die kurz vor dem Abschluß stünden.Sie berufen sich auf Quellen aus der nahen Umgebung der Konzerne.

Die Exxon Corporation, Irving (Texas), und Mobil Corporation, Fairfax (Virginia), nahmen zu einer möglichen Firmenehe nicht Stellung.Mobil-Sprecher Dave Dickson lehnte eine Stellungnahme ebenso ab wie Exxon-Sprecherin Karen Steffaro."Es ist unsere Geschäftspolitik, zu Übernahmegerüchten nicht Stellung zu nehmen", sagte Steffaro.Auch die Deutschland-Zentralen gaben keinen Kommentar.Schon am Mittwoch hatte es auf dem Parkett der New Yorker Börse Fusionsgerüchte gegeben.Mobil-Aktien zogen trotz des anhaltenden Ölpreis-Einbruchs kräftig an.Ein Firmenzusammenschluß selbst in dieser Größenordnung wäre im Urteil von Analysten denkbar.Die vollständige Übernahme von Mobil würde Exxon nach Marktschätzungen mindestens 61 Mrd.Dollar (103 Mrd.DM) kosten.Sie wäre damit knapp doppelt so teuer wie der Zusammenschluß von DaimlerChrysler, der mit rund 35 Mrd.Dollar veranschlagt ist.Der Börsenwert von Exxon liegt bei etwa 177 Mrd.Dollar.

Exxon und Mobil wie andere international aktiven Öl-und Gasunternehmen stehen angesichts der anhaltenden Baisse am Rohölmarkt unter Druck, ihre Kosten weiter zu senken.Am Mittwoch war der durchschnittliche Preis für Opec-Öl knapp unter zehn Dollar je Barrel auf einen neuen Tiefststand gefallen.Exxon und Mobil verzeichneten in den ersten neun Monaten 1998 bereits zweistellige Gewinneinbußen.Bei Exxon schrumpfte das Ergebnis in diesem Zeitraum um 18 Prozent auf 4,9 Mrd.Dollar, bei Mobil um 28 Prozent auf 1,9 Mrd.Dollar.Auch das Wachstum wurde geschmälert.Der Exxon-Umsatz verringerte sich bis Ende September um 13 Prozent auf 88,6 Mrd.Dollar.Bei Mobil schlug ein Minus von 18 Prozent auf 40,5 Mrd.Dollar zu Buche.

Ein Zusammenschluß ist deswegen aber längst nicht sicher.Exxon und Mobil, beide Nachfolgeunternehmen des Anfang des Jahrhunderts zerschlagenen Rockefeller-Trusts, schätzen ihre Unabhängigkeit und werden im Urteil alles daransetzen, ein regelrechtes Zusammengehen zu vermeiden.Beide haben bereits Personal abgebaut und andere Einsparungen vorgenommen, um auch in Dürreperioden fallender Ölpreise überleben zu können.Die Zeiten für "Big Oil" waren allerdings selten so mager wie heute, und der Preisausblick ist wegen des weltweiten Nachfragerückgangs eher bewölkt.Die Unternehmen stehen ferner unter Druck, für ihr Überleben neue Ölreserven zu finden.Sie hatten gehofft, an die riesigen russischen Lager heranzukommen, doch die wirtschaftlichen Turbulenzen in Rußland sowie politische und bürokratische Hindernisse haben ihre Hoffnungen zunichte gemacht.Die Ölsuche konzentriert sich inzwischen wieder auf den Golf von Mexiko, West-Afrika und Teile Asiens.Dort ist die Exploration jedoch kostspielig.

Dennoch: "Ein gutgeführtes Unternehmen will Herr über seine Geschäftsaktivitäten bleiben", sagt Adam Sieminski, Analyst bei Alex.Brown, eine Tochter von Bankers Trust.Sieminski sieht auch die starken Persönlichkeiten von Exxon-Chef Lee R.Raymond und Mobil-Primus Lucio R.Noto als Hemmschuh für eine Firmenehe.Es werde nicht leicht sein, diese Riesen mit ihren weltumspannenden Netzen von Raffinerien und Tankstellen, die in den USA und Europa überlappen, unter ein Dach zu bringen.Allerdings lasse sich mit Geld einiges machen, konzediert Sieminski.

Exxon liegt mit 122 Mrd.Dollar Jahresumsatz knapp hinter der Royal Dutch/Shell-Gruppe.British Petroleum ist zusammen mit der im Sommer übernommenen Amoco mit 100 Mrd.Dollar die Nummer drei.Mobil rangiert mit 60 Mrd.Dollar an vierter Stelle.In den USA ist Exxon das größte Mineralölunternehmen, Mobil steht an zweiter Stelle.Zusammen würden sie Royal Dutch/Shell weltweit vom ersten Platz verdrängen.Die internationale Fusionswelle, die jüngst die Automobil-, Chemie-, Pharma- sowie Bankenbranche in Atem hielt, ist somit wieder auf die Energiebranche übergeschwappt.Am 10.Dezember sollen die Amoco-Aktionäre ihr Votum zum Zusammenschluß mit BP abgeben.Den Großkonzern mit einem Börsenwert von 67 Mrd.Pfund (200 Mrd.DM) haben die BP-Aktionäre bereits gebilligt.BP gibt 48 Mrd.Dollar für Amoco aus.

Eine Fusion von Exxon und Mobil würde zwei Teile der 1911 entflochtenen Standard Oil zusammenführen.Exxon nannte sich damals Standard Oil Company of New Jersey, die heutige Mobil firmierte unter anderem als Standard Oil Company of New York.

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