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Wirtschaft: Die IG Metall will wieder verhandeln

Streiks werden vorerst nicht ausgeweitet/Autoverband befürchtet Imageschaden für Ostdeutschland

Berlin (alf). Die IG Metall will bis Mitte nächster Woche wieder mit den Arbeitgebern über die 35Stunden-Woche verhandeln. „Wir wollen in dem festgefahrenen Konflikt eine schnelle Verhandlungslösung“, sagte Streikführer Hasso Düvel am Freitag. Deshalb werde die IG Metall die Streiks zunächst nicht ausweiten. Das sei „ein Signal, das die Arbeitgeber schnellstens aufgreifen sollten“, sagte Düvel. Die reagierten denn auch sofort: „Ostdeutsche Metallarbeitgeber bekunden Verhandlungsbereitschaft“, überschrieb der Dachverband Gesamtmetall eine Erklärung.

Die Arbeitgeber seien zu einer Angleichung der Arbeitszeit bereit, „sobald die wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür vorliegen“. Der sächsische Arbeitgeberpräsident Bodo Finger erklärte, „wir sind jederzeit bereit, über Einzelheiten mit der IG Metall zu verhandeln“. Ob, wann und wo die Verhandlungen wieder aufgenommen werden, blieb am Freitagabend offen. Aus Arbeitgeberkreisen hieß es, man warte jetzt auf einen entsprechenden Vorschlag des ostdeutschen IG-Metall-Chefs Düvel. Den letzten Versuch, am Verhandlungstisch zu einer Lösung zu kommen, hatte es am 13. Mai in Potsdam gegeben. Als es da keine Annäherung gegeben hatte, ließ die IG Metall ihre Mitglieder über den Streik abstimmen. Seit nunmehr drei Wochen läuft der Arbeitskampf in Sachsen und seit einer Woche in Berlin (Ost) und Brandenburg.

Unterdessen zeichneten sich weitere Folgen für die Autoindustrie im Westen ab. Nach VW-Angaben wird es Ende kommender Woche zu Engpässen bei der Produktion der Modelle Golf und Lupo kommen, weil Teile aus den sächsischen VW-Werken fehlen. Bereits von Montag bis Mittwoch stellt BMW die Produktion in München und Regensburg ein. Hier fehlen Handschaltgetriebe aus dem ZF-Werk in Brandenburg (Havel). Da ZF nach Angaben der Betriebsratsvorsitzenden noch die gesamte kommende Woche bestreikt wird, dürfte BMW die Produktion frühestens in der übernächsten Woche wieder aufnehmen. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöfer befürchtet bei BMW einen Produktionsausfall von 1800 Pkw am Tag, der tägliche Umsatzverlust belaufe sich auf 38 Millionen Euro und der Gewinn werde um vier Millionen Euro geschmälert.

Am Freitag schaltete sich auch der Verband der Autoindustrie (VDA) in den Arbeitskampf ein. Wenn der Standortvorteil der längeren Arbeitszeit „kurzfristig“ entfalle, „gibt das Oberwasser für Osteuropa, nicht für Ostdeutschland“, sagte VDA-Präsident Bernd Gottschalk. Der Streik schade international dem Image der neuen Bundesländer und treffe mit der Autoindustrie den „größten Investor in Ostdeutschland“. Seit der Vereinigung ist die Zahl der Beschäftigten in der Autobranche von 15000 auf 37000 gestiegen, inzwischen gibt es sieben Produktionswerke und mehr als 700 Zulieferer im Osten. Standortentscheidungen wie die von BMW für ein Werk in Leipzig werden Gottschalk zufolge dazu beitragen, dass die Zahl der im Osten produzierten Autos von 423000 (2002) in den nächsten Jahren auf 750000 steigen wird. Die Konzerne hätten ihre Entscheidung für Ostdeutschland wegen der im Vergleich zum Westen geringeren Arbeitskosten, längeren Arbeitszeiten und höheren Flexibilität getroffen. BMW und auch Siemens drohen bereits damit, geplante Investitionen nochmal zu überdenken.

Für den kommenden Montag hat die IG Metall rund 120 Betriebsräte aus Unternehmen der Autoindustrie nach Frankfurt (Main) gerufen. Bei den Treffen soll erörtert werden, wie die Gewerkschaft mit streikbedingten Produktionsstillegungen umgeht, ob es die Gefahr von Standortverlagerungen gibt und welche Möglichkeiten der Streikunterstützung es in westdeutschen Betrieben gibt. Am Donnerstag hatte die komplette Frühschicht im VW-Werk Salzgitter wegen einer fünfeinhalb Stunden dauernden Betriebsversammlung die Produktion stillgelegt. Nach Angaben des Betriebsrats hatte die Geschäftsführung „in der letzten Wochen still und leise“ Motoren fertigen lassen, „die eigentlich das Chemnitzer Motorenwerk liefern sollte“. Das wird aber bestreikt. „Wir stoppten diese Produktion sofort, denn für Streikbruch sind für nicht zu haben“, teilte der Betriebsrat von VW Salzgitter mit.

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