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Wirtschaft: Die Jobmaschine Amerika unter der Lupe

BERLIN (alf).Kann Deutschland von Amerika lernen?

BERLIN (alf).Kann Deutschland von Amerika lernen? Sind die USA mit einer Arbeitslosigkeit von etwas über vier Prozent ein Vorbild für die Deutschen? Eher nicht, meinen Berlins Arbeitssenatorin Christine Bergmann und der hiesige DGB-Chef Dieter Scholz.Zu hoch sei der Preis, nämlich Armut und "soziale Polarisierung"."Wer auf Niedriglöhne und prekäre Arbeitsverhältnisse setzt, drückt die Menschen unter das Existenzminimum", meint Scholz.Auf einer Tagung über "die amerikanische Jobmaschine" gingen am Mittwoch rund 180 Teilnehmer der Frage nach: "Was machen die USA anders?", um daraus womöglich zu lernen.

Jennifer Hunt von der Yale-Universität relativierte gleich zu Beginn der Tagung den beschäftigungspolitischen Vorsprung der Amerikaner: Würden die Deutschen nämlich eine ähnliche Statistik führen wie die USA, läge die Arbeitslosenquote, zumindest in West-Deutschland, um rund drei Prozent niedriger als gegenwärtig.Ein großer Unterschied liege jedoch in der Dauer der Arbeitslosigkeit.Deutsche sind im Schnitt deutlich länger ohne Arbeit als Amerikaner.Dabei ist die oft beschworene Wirkung der Flexibilität Hunt zufolge empirisch nur schwer belegbar.Aber zweifellos würden die niedrigen Lohnersatzleistungen, wie insbesondere die Arbeitslosenunterstützung, dazu beitragen, daß sich arbeitslose Amerikaner schnell wieder einen neuen Job suchen - auch wenn er schlechter bezahlt ist als der letzte.

Daß in den letzten fünf Jahren in den USA rund 11 Millionen neue Arbeitsplätze entstanden sind, hängt laut Richard Freeman, Wirtschaftsprofessor in Cambridge, Massachusetts, mit den Frauen zusammen: "Die US-Jobmaschine ist weiblich", so Freeman.Die bei weitem meisten neuen Jobs würden von Frauen belegt, die ferner immer qualifizierter würden und entsprechend verstärkt in Führungspositionen auftauchten.Linda Stewart, Arbeitsministerin in Wisconsin, erläuterte das neue Beschäftigungsprogramm ihres Staates, der gegenwärtig eine Arbeitslosenquote von 2,4 Prozent hat.Prinzip: Den Bedürftigen helfen, die Arbeitsfähigen integrieren.Billigjobs werden subventioniert über eine Form von negativer Einkommenssteuer.Ein weiterer Schwerpunkt ist die Betreuung von Kindern, damit die Eltern arbeiten können.Und das rechnet sich: Vor der Reform hatte eine alleinerziehende Mutter in Wisconsin rund 800 Dollar im Monat zur Verfügung, nun arbeitet die Frau und kommt auf 2000 Dollar inklusive Lebensmittelhilfe, Steuergutschrift und Kinderbetreuungszuschuß.

DGB-Chef Scholz sieht Beschäftigungspolitik in Deutschland und Europa nur in einem großen Rahmen: "Die Arbeitsmarktprobleme werden nicht auf dem Arbeitsmarkt gelöst", glaubt er, sondern durch eine "beschäftigungsfördernde Wirtschafts-, Finanz- und Geldpolitik".Die USA würden fünfmal soviel Geld für Forschung ausgeben wie die Deutschen, das "massive Zurückfahren des Forschungsbereichs in Ost-Deutschland" sei ein wesentlicher Grund für die Deindustriealisierung.Christine Bergmann machte immerhin einige Punkte aus, die man von den Amerikanern übernehmen könnte.Beispielsweise die unkompliziertere Existenzgründungsförderung, die unbürokratische Bereitstellung von Risikokapital, die Beteiligung von Arbeitnehmern am Produktivkapital, - sowie nicht zuletzt das Modell einer negativen Einkommenssteuer."Für Anregungen sind wir immer offen", so die Arbeitssenatorin.

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