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Eine Arena für die Arbeiterschaft. Auf ihrem Gewerkschaftstag in Karlsruhe demonstriert die IG Metall ihre Stärke. Foto: Uli Deck/dpa

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Wirtschaft: Die Kasse stimmt

Mehr Mitglieder, hohe Einnahmen, geringe Ausgaben – die IG Metall feiert ihren Erfolg

Der IG Metall geht es so gut wie lange nicht. „Wir haben in diesem Jahr die höchsten Beitragseinnahmen unserer Geschichte“, freute sich Gewerkschaftschef Berthold Huber am Montag in Karlsruhe. Und Hauptkassierer Bertin Eichler berichtete den knapp 500 Delegierten des Gewerkschaftskongresses mit Stolz von der vollen Kasse der IG Metall. Wie voll die tatsächlich ist, behielt Eichler aber für sich. „Wir wollen im Arbeitskampf nicht ausrechenbar sein“, erklärte der Finanzvorstand die Geheimnistuerei. Spekulationen über das Vermögen der mächtigsten deutschen Arbeitnehmerorganisation bewegen sich zwischen zwei und drei Milliarden Euro.

Tatsächlich war die IG Metall in den vergangenen vier Jahren, also seit dem letzten Gewerkschaftstag, ziemlich friedlich und entsprechend sparsam. Nur knapp vier Millionen Euro wurden in all den Jahren für Streiks ausgegeben. Verdi, mit 2,1 Millionen Mitgliedern etwas kleiner als die IG Metall mit ihren 2,3 Millionen, musste gleichzeitig rund 100 Millionen Euro in Arbeitskämpfe stecken. Dabei verfügt die Dienstleistungsgewerkschaft über deutlich weniger Mittel: Mit 15 Prozent der Beitragseinnahmen legt die Metallgewerkschaft deutlich mehr für den Ernstfall zurück als Verdi. Der Beitrag macht bei erwerbstätigen Gewerkschaftern ein Prozent vom Brutto aus, in der Summe spülte das im vergangenen Jahr 457 Millionen Euro in die IG-Metall-Kasse.

In diesem Jahr stoppt die IG Metall, wie berichtet, zum ersten Mal seit fast zwei Jahrzehnten den Mitgliederschwund. Im September gab es 5600 Mitglieder mehr als im Vorjahr. „Wir sind die einzige politische Großorganisation, die die Wende in der Mitgliederentwicklung geschafft hat“, sagte Detlef Wetzel, nach Huber der zweite Mann der Gewerkschaft. Und da die Hälfte der neuen Mitglieder jünger als 27 Jahre ist, könne man nun vom „größten politischen Jugendverband Deutschlands“ sprechen.

Vor allem Wetzel hat den Wandel der IG Metall in den vergangenen vier Jahren organisiert: Kampagnen wie gegen die Leiharbeit brachten Mitglieder in bislang vernachlässigten Bereichen. Und Wetzel baute massiv Stellen in der Frankfurter Gewerkschaftszentrale ab; die dadurch frei werdenden 20 Millionen Euro fließen nun in Mitgliederprojekte an der Basis. „Schlank und effektiv an der Spitze, stark in der Fläche und nah am Betrieb ist das Leitmotiv unseres Umbaus“, sagte Huber.

Das von Huber, Wetzel und Eichler gebildete Führungstrio wird auch in den kommenden Jahren den Ton angegeben, am heutigen Dienstag sollen sie wiedergewählt werden. Umstritten ist dagegen die Verkleinerung des Vorstands von sieben auf fünf Personen. Aufgrund dieser Reduzierung verliert Regina Görner ihren Posten – sie war das einzige CDU-Mitglied an der Spitze der IG Metall. Für Huber ist das kein Problem. Die Parteienlandschaft habe sich gravierend verändert und zwinge die IG Metall zur parteipolitischen Unabhängigkeit, argumentiert der Vorsitzende. Parteipolitischer Proporz spiele deshalb bei der Zusammensetzung des Vorstands keine Rolle mehr.

Tatsächlich hat die Agendapolitik Gerhard Schröders und später die Rente mit 67 das über Jahrzehnte sehr partnerschaftlich angelegte Verhältnis zur SPD erheblich beeinträchtigt. Das klang auch am Montag bei Huber durch, als er die „Verrohung des Arbeitsmarktes“ anprangerte. Die Ausweitung des Niedriglohnsektors und der Leiharbeit geht zurück auf Weichenstellungen der rot-grünen Bundesregierung. Die schwarz-gelbe Koalition kritisierte der IG Metall-Chef wegen ihrer Europapolitik, er sei entsetzt über deren Krisenmanagement. Wenn etwa Wirtschaftsminister Philipp Rösler über die Insolvenz Griechenlands räsoniere und dadurch die Spekulation anheize, dann sei das so, als schaue er mit einem Streichholz nach, ob noch genügend Benzin im Tank sei. „Wir wollen mehr Europa“, sagte Huber.

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