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Wirtschaft: Die Krise bei der Bankgesellschaft: Zeit für einen Befreiungsschlag

Berlins Finanzsenator Peter Kurth hat noch gut eine Woche Zeit. Am 9.

Berlins Finanzsenator Peter Kurth hat noch gut eine Woche Zeit. Am 9. Mai soll er dem Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses ein Konzept für die Sanierung der Bankgesellschaft Berlin vorlegen. Die Zahlen sind weitgehend bekannt. Rund zwei Milliarden Mark benötigt der Berliner Bankkonzern, um drohende Verluste auszugleichen. Kurth muss nicht nur das Geld auftreiben. Er erhält auch die Möglichkeit, die Bank umzugestalten, ein Vorhaben, mit dem der Vorstandsvorsitzende Wolfgang Rupf bisher gescheitert ist. Es geht nicht nur um Fragen einer neuen Struktur für die Bank oder ein zentrales Risikomanagement. Es geht auch darum, in welcher Rechtsform das Berliner Konglomerat aus öffentlich- und privat-rechtlichen Banken künftig arbeiten soll. Rupf hat mit seinem Hilferuf vor wenigen Wochen signalisiert, dass er ebenfalls über die rechtliche Form nachdenkt. Immerhin brachte er auch private Investoren sowohl für den Konzern als auch für die Landesbank mit ihrer Sparkasse ins Gespräch. Er hat sich jedoch davor gehütet, konkret zu werden. Diese Aufgabe fällt nun dem Politiker zu.

Bemüht man sich in Berlin um einen privaten Partner, wie etwa die ING oder die Deutsche Bank? Deren Chef Rolf Breuer hat in der Vergangenheit durchaus Interesse an einer engen Zusammenarbeit mit einzelnen Sparkassen erkennen lassen. Die öffentlich-rechtlichen Banken, allen voran die Sparkassendachorganisation DSGV wittern bereits die Gefahr. Sie sind in Abwehrstellung gegangen. Denn die Frage, ob wir in Deutschland ein System öffentlich-rechtlicher Banken und Sparkassen brauchen, wird seit langem auch in Brüssel diskutiert. Droht bei ihrer Abschaffung beispielsweise eine Ödnis, in der Kunden kilometerweit fahren müssen, um zu seiner Filiale zu gelangen? Der Kronberger Kreis, dem auch der ehemalige Vorsitzende der Monopolkommission Wernhard Möschel angehört, hat aktuelle Zahlen zusammengestellt. Demnach gibt es in Deutschland fast 62 000 Bankstellen aber nur 26 000 Bäckereien, etwa 22 000 Apotheken und 17 500 Tankstellen. Soviel zum Argument der flächendeckenden Versorgung, wobei die Entwicklung von Telefon- und Online-Banking nicht einmal berücksichtigt ist. Hinzu kommt, dass sich die Situation in einer Großstadt wie Berlin noch einmal ganz anders darstellt. Brauchen wir also öffentlich-rechtliche Banken als unerläßliche Instrumente einer staatlichen Förder- und Wirtschaftspolitik?

Der Marktanteil des öffentlich-rechtlichen Sektors, so hat es wiederum der Kronberger Kreis errechnet, erreicht rund 50 Prozent. Ist ein halb-staatliches Bankensystem notwendig, um dem Mittelstand in Deutschland das finanzielle Überleben zu garantieren? Brauchen wir Sparkassen, weil ihre bessere Kenntnis der lokalen Gegebenheiten es ihnen erlaubt, die Unternehmen nachhaltiger zu unterstützen, den Strukturwandel besser abzufedern? Die Vorgänge in Berlin, die letztlich einer der Gründe für die Schieflage der Bankgesellschaft sind, legen einen anderen Schluss nahe. Die Verbundenheit vor Ort entpuppt sich als Verfilzung auf vielen Ebenen. Leicht werden aus politischen Gründen Kreditengagements eingegangen, die bei nüchterner ökonomischer Betrachtung durch eine Privatbank schnell als zu risikoreich zurückgewiesen worden wären. Berlin ist also eher ein Beispiel, wie man es nicht machen sollte.

Finanzsentor Kurth hat am 9. Mai zumindest theoretisch die Möglichkeit, mit Rückendeckung durch weite Teile des Managements der Bankgesellschaft, einen Befreiungsschlag mit Signalwirkung für ganz Deutschland vorzubereiten. Ausgerechnet Berlin als Vorreiter einer völligen Umgestaltung des öffentlichen Bankensektors? Seien wir realistisch. Die Chancen, dass Kurth damit Erfolg haben wird, sind gering. Schon wird über einen Einstieg der öffentlich-rechtlichen DGZ-Deka-Bank, die je zur Hälfte den Sparkassen und den Landesbanken gehört, spekuliert. Auch die öffentlich-rechtliche Norddeutsche Landesbank wird ein Wörtchen mitreden wollen. Sie verfügt über einen Anteil von rund 20 Prozent an der Bankgesellschaft und ist zudem ihr Kooperationspartner. Sie könnte ihre Beteiligung ausbauen und dem DSGV damit entgegenkommen.

Statt die Krise also als Chance zu begreifen, und die Bankgesellschaft nicht nur in ihrer Struktur sondern auch in ihrer Rechtsform - und damit eines fernen Tages auch in ihrer Denkweise - zu reformieren, wird man die Reihen eher fester schließen. Solange in Brüssel kein Paket geschnürt ist, wird sich bei der Bankgesellschaft wenig wirklich bewegen. Bis dahin wird versucht, weiterzuwurschteln, und damit wären wir doch wieder im alten Berlin.

Daniel Rhee-Piening

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