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Wirtschaft: Die Krise in Asien gewinnt an Eigendynamik

Weil die Währungen fallen, müssen die Schuldner Dollar kaufen und treiben die eigene Währung noch tiefer in den Ruin KUALA LUMPUR(mg/HB/rtr).An Asiens Devisenbörsen setzte zum Jahresauftakt ein schweres Kursgewitter ein.

Weil die Währungen fallen, müssen die Schuldner Dollar kaufen und treiben die eigene Währung noch tiefer in den Ruin

KUALA LUMPUR(mg/HB/rtr).An Asiens Devisenbörsen setzte zum Jahresauftakt ein schweres Kursgewitter ein.In dessen Sog gerieten sowohl die südostasiatischen Tigerwährungen als auch die Wechselkurse der nordasiatischen Länder.Am schlimmsten hat es Malaysias Ringgit, Thailands Baht und Indonesiens Rupiah erwischt.Der Ringgit durchbrach auf seiner ungebremsten Talfahrt trotz der Intervention der Notenbank in Kuala Lumpur die historisch niedrige Marke von 4,0 zum US-Dollar.In Jakarta fiel die Rupiah bis auf knapp 6400 zum Dollar.Sie hatte bereits am vergangenen Freitag 20 Prozent eingebüßt und hat gegenüber dem Greenback seit Juli nun 65 Prozent verloren.Das ist der Minusrekord in ganz Asien.Selbst der bisher relativ ungeschorene Singapur-Dollar muß nun Federn lassen.Japans Yen konnte sich gestern bei knapp über 132 zum Dollar halten ­ der niedrigste Stand seit Mai 1992.Der Won in Südkorea gab ebenso weiter nach wie die Rupie in Indien. Weil sinkende Wechselkurse in den Krisenländern der Region für höhere Zinsen und explodierende Auslandsschulden stehen, gaben auch die Aktiennotierungen gestern weiter nach.Der Nikkei-Index verlor in der Auftaktsitzung des neuen Jahres 300 Punkte.Hongkong ging etwas leichter aus dem Markt.In Südostasien kam vor allem die Börse in Kuala Lumpur unter die Räder.Der Composite verlor über 3 Prozent.Die Börsenbarometer in Thailand und Singapur büßten deutlich über 1 Prozent ein, der Composite Index auf den Philippinen knapp 1 Prozent. Die anhaltende Talfahrt der Tigerwährungen hat viele Gründe.In den fernöstlichen Handelsräumen herrscht mittlerweile der Eindruck vor, daß die Krise in Asien noch zwei bis drei Jahre anhalten wird.In Thailand und Indonesien gibt es darüber hinaus seit Wochen Gerüchte, daß Nachverhandlungen mit dem IWF für neue Kreditpakete immer wahrscheinlicher werden.Und in Malaysia sagen einige Banker, die nicht zitiert werden wollen, daß auch dieses Land am Ende den IWF zu Hilfe rufen muß. Die anhaltende Talfahrt der asiatischen Krisenwährungen hat aber noch weitere gewichtige Gründe.Erstens ist Südkoreas Schuldenproblem noch nicht gelöst.Der Verzicht der Gläubigerbanken, die kurzfristigen Schulden in Höhe von 30 Mrd.Dollar bis Ende Februar sofort einzutreiben, hat das Problem nur vertagt.Auch die Situation in Indonesien trägt zur Unsicherheit in der Region ganz erheblich bei.Heute wird Präsident Suharto, von dem niemand weiß, wie krank er wirklich ist, in Jakarta den neuen Staatshaushalt vorlegen. Gegenüber dem IWF hat sich das Land im Gegenzug für einen 38-Mrd.-Dollar-Kredit auf einen Haushaltsüberschuß von 1 Prozent festgelegt.Doch Beobachter fürchten, daß Suharto das Ziel nicht einhalten kann.Er steht erheblich unter Druck.Die Armee und führende Politiker fordern seit Tagen höhere Ausgaben von bis zu 10 Prozent, um die Wirkungen der verheerenden Wirtschaftskrise abzufedern.Doch rückläufige Steuereinnahmen zehren am Budget und minimieren den Spielraum. Auch die Auslandsschulden der Firmen in Südostasien tragen zum Kursverfall der Tigerwährungen massiv bei.Da die Wechselkurse dieser Währungen immer tiefer fallen, werden immer mehr einheimische Devisen benötigt, um die in Dollar aufgenommenen Auslandsschulden abzubezahlen.Doch weil in vier Ländern der Region über 50 Prozent aller Schulden kurzfristig sind, läuft die Zeit davon, und die Firmen müssen Dollar um jeden Preis kaufen. Fragt man Devisenhändler zwischen Seoul und Jakarta nach dem Ausblick auf für die schwachen Tigerwährungen, so wird derzeit fast immer mit dem Daumen nach unten gezeigt.Bei der Rupiah werden bereits Kurse von 7500 zum Dollar prognostiziert, beim Ringgit in Malaysia 4,5 zum Dollar.Das wäre eine weitere Abwertung um 20 Prozent bzw.12 Prozent. Um die Devisenknappheit in Südkorea zu überwinden, haben sich auch am Montag wieder zahlreiche Bürger des Landes von ihrem Goldschmuck getrennt.Das gesammelte Gold werde exportiert, damit dem von einer Finanzkrise getroffenen Land die dringend benötigten Dollars zuflössen, sagte Oh Tae Hwan, Chef des Edelmetallgeschäfts beim Handelshaus Daewoo.Um fällige Verbindlichkeiten ablösen zu können, bemüht sich die Regierung derzeit um neue Auslandskredite. Neben Daewoo hatte auch die Housing and Commercial Bank die Bürger aufgerufen, sich von Goldvermögen und Schmuck zu trennen.Am ersten Tag ihres Aufrufs sammelte die Bank nach eigenen Angaben mehr als 3,3 Kilogramm des Edelmetalls im Wert von 33 Mill.Dollar (knapp 60 Mill DM).Viele Koreaner brachten Münzen und Schmuck zu den Bankschaltern.Sie sollen in der Landeswährung Won für ihre abgegebenes Gold bezahlt werden.Daewoo schätzt, daß rund eine Mrd.Dollar aufgebracht werden könnte, sollte die Aktion mit ähnlichem Erfolg das ganze Jahr hindurch fortgesetzt werden. Der von der Regierung eingesetzte Ausschuß zur Bewältigung der Währungs- und Finanzkrise will bis Ende der Woche ein Expertenteam bestimmen, das in den USA über neue Kredite verhandeln soll.Bis Ende März werden in Südkorea nach offiziellen Angaben Kredite in Höhe von 21,5 Mrd.Dollar fällig.Am Wochenende hatte es geheißen, Regierung und Staatsfirmen wollten Fremdkapital im Umfang von 25 Mrd.Dollar aufnehmen, um diese Zahlungsverpflichtungen erfüllen zu können. Der US-Großinvestor George Soros kündigte zum Abschluß eines dreitägigen Besuchs in Südkorea an, er prüfe die Möglichkeit größerer Investitionen in dem früheren Wachstumsland.

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