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Wirtschaft: „Die Kunst besteht im richtigen Management“ Fraunhofer-Chef Bullinger über

die Risiken bei Großprojekten

HANSJÖRG

BULLINGER

ist Präsident der

Fraunhofer-Gesellschaft und Technologie-Berater der Bundesregierung

Foto:dpa

Herr Bullinger, warum scheitern Großprojekte wie das Maut-System?

Der Hauptgrund ist eindeutig ein schlechtes Management. Heutzutage arbeiten sehr viel mehr Beteiligte an solchen Systemen als noch vor einigen Jahren. Die Frage ist ja nicht, ob wir die Basistechnologien haben, um so eine Maut-Erfassung auf die Beine zu stellen. Die Kunst besteht darin, die verschiedenen Technologien und Partner zu bündeln. Das ist bei der Maut ganz offensichtlich nicht gelungen. Ich bin Ingenieur. Und es tut uns Technikern weh, so vorgeführt zu werden. Gutes Projektmanagement wird bei der Begeisterung über die neue Technologie manchmal vergessen.

Haben wir Deutschen ein besonderes Defizit?

Nein. Selbst die Amerikaner mussten für ihre Raumfahrtprogramme erst einmal die richtigen Planungsmethoden entwickeln. Wir bewegen uns eher an der Spitze solcher komplexen Prozesse. Da werden auch Fehler gemacht. Und jetzt merken wir eben, dass der Trend, mit immer mehr Zulieferern zusammenzuarbeiten, noch besser eingeübt werden muss.

Und wenn der Staat auch noch als Auftraggeber mitmischt ist das Chaos perfekt?

Der Bauherr spielt bei jedem Wohnhaus eine Rolle. Als Entschuldigung für das Maut-Debakel kann der Staat allerdings nicht herhalten. Aber es gibt Projekte, bei denen die öffentliche Hand leichtfertig zusätzliche Auflagen ins Spiel bringt, ohne selbst die Konsequenz überblicken zu können. Das ist eine Frage der Qualifikation . . .

. . . die Ministerien oder Behörden nicht haben. Industrie und öffentliche Hand reden dann aneinander vorbei.

Das können Sie nicht generalisieren. Aber häufig ist es schon so, dass Sie in öffentlichen Einrichtungen eben auf Menschen treffen, die nur das Verwaltungs-Handeln kennen. Und das reicht nicht bei solch komplizierten Projekten.

Neben der Maut werden derzeit noch weitere sehr anspruchsvolle Projekte durch den Staat angeschoben. Eine Patientenkarte für 70 Millionen Benutzer, ein völlig neues Computerprogramm für die Sozialhilfeämter und Arbeitsagenturen. Drohen dort die nächsten Katastrophen?

Solche Projekte können grundsätzlich immer scheitern. Aber es gibt keinen Automatismus dafür. Für das erfolgreiche Technologiemanagement gibt es ein paar Voraussetzungen. Erstens müssen die Anforderungen durch den Auftraggeber genau definiert werden. Zweitens müssen die Zuständigkeiten zwischen den Beteiligten klar geregelt sein. Und drittens brauchen Sie hervorragendes Personal. Und allen Beteiligten müssen auch gute Informations- und Kommunikationsmittel zur Verfügung stehen.

Daran hapert es doch meistens bei Behörden und Ämtern.

Warum? So ein Maut-System beispielsweise kommt schließlich nicht über Nacht. Da hätte man durchaus im Verkehrsministerium die Chance wahrnehmen können, die zuständigen Mitarbeiter rechtzeitig zu qualifizieren.

Das Gespräch führte Dieter Fockenbrock.

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