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Wirtschaft: „Die Lage hat sich beträchtlich geändert“

Angesichts des schwachen Wachstums verzichtet die Europäische Zentralbank auf eine Zinserhöhung

Frankfurt am Main - Wer ein Haus bauen will, kann sich freuen: Die Zinsen für Kredite werden wohl auf absehbare Zeit noch niedrig bleiben. Die Europäische Zentralbank belässt den Leitzins bei 1,5 Prozent. Die Einschätzung der Lage habe sich „beträchtlich“ geändert, sagte EZB-Chef Jean-Claude Trichet am Donnerstag. Im Frühjahr hatte er noch angekündigt, die Zinsen bis Ende des Jahres auf 1,75 Prozent erhöhen zu wollen. Die Wirtschaft habe die geldpolitische Stütze nicht mehr nötig, jetzt müsse man die Stabilität wieder in den Vordergrund stellen, um die Inflationsgefahr einzudämmen.

Mit Blick auf die Wirtschaftslage hätten sich die Abwärtsrisiken deutlich verstärkt, sagte Trichet jetzt, mit Blick auf die Inflation seien die Risiken ausgewogen. Den neuen Projektionen der EZB zufolge wird die Wirtschaft in der Eurozone in diesem Jahr im Schnitt nur um 1,6 Prozent wachsen, im Juni hatte die Notenbank noch mit 1,9 Prozent gerechnet. Bei der Inflation rechnen die Experten in diesem Jahr zwar mit einer Rate von mehr als zwei Prozent, 2012 werde sie aber darunter sinken. Bei einer Marke von zwei Prozent spricht die EZB von Stabilität.

Nach den Worten von Trichet ist die derzeitige Lage von „ganz besonders hoher Unsicherheit“ geprägt. Es bestehe die Gefahr, dass der Druck der Finanzmärkte auf die Realwirtschaft übergreife. Trichet forderte die Politik auf, die Beschlüsse des EU-Gipfels im Juli vollständig und schnell umzusetzen. Die Regierungen müssten die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspaktes unbedingt einhalten. Entschieden wies Trichet die Kritik an der angeblich mangelnden Unabhängigkeit der Notenbank zurück. Sie kommt vor allem aus Deutschland. Seit Beginn der Währungsunion habe die EZB dafür gesorgt, dass die Inflationsrate in Deutschland niedriger als zu D-Mark-Zeiten gewesen sei. Das umstrittene Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen, sagte Trichet, habe die EZB auflegen müssen, „weil sich die Regierungen trotz unserer Aufforderung nicht richtig verhalten haben“. Rolf Obertreis

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